Pyrrhussieg des Comandante Chvez' Zukunft ungewiss
24.11.2008, 18:58 UhrStaatspräsident Hugo Chvez hat bei den Regionalwahlen in Venezuela einen Pyrrhussieg errungen, einen Erfolg mit Verlusten. Seine Vereinte Sozialistische Partei (PSUV) setzte sich zwar in 17 von 22 Gouverneursämtern durch, doch siegten die Oppositionskandidaten in den strategisch wichtigeren und bevölkerungsreichsten Regionen des Landes. Schon vor dem Urnengang hatte der unabhängige Analyst Luis Vicente Leon erklärt: "Sollte Chvez in (den Bundesländern) Zulia, Miranda und Carabobo verlieren, dann wäre das eine Tragödie für ihn." Genau das ist jetzt eingetreten. Das Magazin "Tal Cual" berichtete am Montag von "einem großen Sieg" der Opposition.
Wähler ließen sich nicht einschüchtern
Das ölreiche Bundesland Zulia ist seit Jahren eine Anti-Chvez-Bastion, die die Zentralregierung unbedingt für sich gewinnen wollte. Chvez' Drohung, im Falle eines Triumphs der Oppositions-"Mafia" in Zulia die Panzer auffahren zu lassen, weil diese ihn nächstes Jahr stürzen wolle, schüchterte den Wähler nicht ein. Am Ende gab sich der sonst so wortgewaltige Staatschef zahm und erkannte das Ergebnis an. Zulia gilt zusammen mit Miranda, wo die Opposition ebenfalls gewann, als die wichtigste Region des Landes. In den beiden reichen Bundesstaaten leben insgesamt sieben der rund 27 Millionen Venezolaner.
Trotz allem jubelte Chvez nach der Wahl mit deutlich verhaltenem Lächeln und versicherte, die Bevölkerung habe ihm den Auftrag zur Vertiefung der sozialistischen Reformen erteilt. Tatsache ist aber, dass die Popularität des früheren Oberstleutnants nicht mehr die alte ist. In diesem Jahr hielten laut Umfragen erstmals seit 2003 weniger als 50 Prozent der Bürger den Comandante für einen guten Führer. Vor allem die zunehmende Kriminalität in den Metropolen und die Lebensmittelknappheit verärgern immer mehr Venezolaner. "Wir haben bei diesen Wahlen unter anderem auch das Verbrechertum besiegt", sagte der künftige Gouverneur des Bundesdistrikts Caracas, der oppositionelle Antonio Ledezma.
Sozialismus als Staatsform
Chvez macht keinen Hehl daraus, dass er auch nach seinem endgültigen Mandatsende 2013 weiter die Geschicke des Öllandes bestimmen will. Beobachter glauben, dass er schon bald eine Unterschriftensammlung starten lassen wird, um sein Projekt einer Verfassungsänderung zur Verankerung des Sozialismus als Staatsform in der ältesten Demokratie Südamerikas neu zu beleben. Das und die unbegrenzte Wiederwählbarkeit des Präsidenten hatten die Venezolaner erst Ende 2007 in einem Referendum abgelehnt. Chvez, so glaubt man, wird für sein Vorhaben vor allem die vielen Millionen Slumbewohner mobilisieren, die den Präsidenten oft immer noch als "Messias" betrachten.
Demokratie ist in Gefahr
"Chvez will nach 2013 weiter regieren", weiß in Venezuela nicht nur der Fachmann Len. Die Vertiefung der sozialistischen "Revolution" auf demokratischem Wege bedürfe aber einer besonders großen Popularität, die Chvez nicht habe. Auf der anderen Seite habe die Opposition noch keinen "starken Mann", stellt Len fest. Immer mehr politischen Raum bei der Opposition gewinnt unterdessen eine Frau: Chvez frühere Ehefrau Marisabel Rodriguez. "Unter Chvez ist die Demokratie in Gefahr", warnte sie im Wahlkampf.
Quelle: ntv.de, Emilio Rappold, dpa