Dossier

Weimar präsentiert Rechnung Der Hahn ist zu

Auch ohne Regierungsmehrheit hat die linke Mehrheit im hessischen Landtag kostenträchtige Beschlüsse gefasst - ebenso wie die geschäftsführende CDU-Regierung. Höhere Einkommen für Hessens Angestellte und Beamte wollten Regierung wie Parlament, und der Einrichtung von 1000 zusätzlichen Lehramt-Referendarsstellen stimmten alle fünf Fraktionen zu. Finanzminister Karlheinz Weimar (CDU) präsentierte die Rechnung in Form einer Haushaltssperre. Dass er damit auch SPD, Grünen und Linken auf finanzielle Grenzen für politische Vorhaben hinwies, dürfte der Minister billigend in Kauf genommen haben.

Anlass für die Sperre war aber nicht die von der linken Mehrheit beschlossene Abschaffung der Studiengebühren, sondern ein Tarifvertrag der CDU-Landesregierung für den öffentlichen Dienst: Innenminister Volker Bouffier vereinbarte Einkommensverbesserungen für die rund 65.000 Angestellten des Landes von drei Prozent - mit voller Zustimmung des Parlaments. Er kündigte außerdem ebenso wie die SPD an, diese Verbesserung per Gesetz auf die 97.000 Beamten zu übertragen. Die Kosten für beide Maßnahmen allein in diesem Jahr von 80 Millionen Euro soll nun vor allem die Verwaltung bei den Sachkosten einsparen, beschloss Weimar.

Der Minister will ein Zeichen setzen gegen einen in seinen Augen derzeit "etwas leichtfertigen" Umgang mit Ausgaben. "80 Millionen Euro einzusparen ist kein Pappenstiel", betonte er. Außerdem sieht er das Ziel in Gefahr, 2011 erstmals einen Landeshaushalt ohne neue Schulden zu finanzieren. Der Haushaltsausschuss hatte auf Initiative von CDU, FDP und Grünen einstimmig das Ziel eines ausgeglichenen Haushalts für 2011 beschlossen, wie CDU-Fraktionschef Christean Wagner anmerkte.

Interpretationen, Weimar wolle vor allem teure Projekte der linken Mehrheit stoppen, ließ die SPD nicht gelten. Mit solchen angeblichen Projekten werde ein Popanz aufgebaut. SPD, Grünen und Linke planten in diesem Jahr keine kostenträchtigen Vorhaben mehr. Die Haushaltssperre würde zudem neue Ausgabenbeschlüsse des Landtags nicht stoppen. Wenn eine Mehrheit so etwas durchsetzen sollte, müsste der Finanzminister das irgendwie finanzieren. Weimar wies aber darauf hin, er werde die Sperre verschärfen, wenn erneut Mehrausgaben beschlossen würden.

Die Forderung von SPD und Grünen nach einem Nachtragshaushalt zur Finanzierung der zusätzlichen Kosten lehnt Weimar ab. "Mehr Geld haben wir auch durch einen Nachtragshaushalt nicht", betonte er. SPD und Grüne wollen einen Nachtrag vor allem deshalb, weil sie dann sehen können, wo Geld fehlt, und mitbestimmen können, wo gespart wird. "Dies ist der sauberste Weg, um alle Haushaltsrisiken offenzulegen und das Parlament an der Entscheidung über die Gegenfinanzierung wichtiger Vorhaben zu beteiligen", meinte der SPD-Fraktionsgeschäftsführer Reinhard Kahl.

Die Grünen fordern derweil immer ungeduldiger eine Entscheidung, ob Hessens SPD-Chefin Andrea Ypsilanti nach der ersten Pleite noch einen Anlauf zur Ablösung von Ministerpräsident Roland Koch (CDU) wagen wird - verbunden mit dem Hinweis, dass man es andernfalls ja mit der CDU versuchen könne, die seit der Landtagswahl im Januar ebenfalls ihr Herz für die Grünen entdeckt hat. Den Grünen wäre am liebsten, wenn sich beim SPD-Landesparteitag am 13. September eine Richtung abzeichnen würde. Ob das geschieht, ist offen.

Von Michael Biermann, dpa

Quelle: ntv.de

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