Dossier

Extremisten attackieren Heilige Stätten Der Schändungskrieg

Ein verbrannter Koran in Tubas-Zangaria.

Ein verbrannter Koran in Tubas-Zangaria.

(Foto: REUTERS)

Israelische und palästinensische Extremisten führen einen immer intensiveren "Heiligen Krieg" gegeneinander. Beide haben es auf die Heiligen Stätten ihrer Gegner abgesehen. Im friedlichen Beduinendorf Tubas-Zangaria im Norden Israels wurde eine Moschee in Brand gesteckt.

Die Bilder verbrannter Koran-Bücher und rußiger Gebetsteppiche lösten weltweite Empörung aus. Sogar die amerikanische Außenministerin Hillary Clinton verurteilte diese "abscheuliche Schandtat". In einer Pressemitteilung war von "gefährlichen und provokativen Attacken auf eine Moschee"die Rede. "Derartige hasserfüllte sektiererische Aktionen können niemals gerechtfertig werden." Die israelischen Behörden sollten sich "energisch" Bemühen die Täter dieser hinterhältige Tat und ähnliche Attacken im Westjordanland dingfest machen.

Terrorakt gegen die Demokratie

In Israel war die Rede von einem Terrorakt, der an den Grundfesten der Demokratie rüttele. Staatspräsident Schimon Peres, die beiden Oberrabbiner und mehrere Minister nahmen den Schaden vor Ort in Augenschein. Die  ultra-orthodoxe Zeitung "Yated Ne´eman" kritisierte jüdische Politiker, die behauptet hatten, dass es eine Provokation von Arabern gewesen sein könnte. "Juden zünden keine Moscheen an. Es gibt keinerlei Rechtfertigung für den Angriff auf die Moschee. Dies ist eine irre, gefährliche Tat." Wer das Feuer gelegt habe, sei "Terrorist und Mörder mit Blut an den Händen", schrieb Rabbi Schalom Eljaschiv.

Die Polizei hatte zwar schnell Verdächtige festgenommen. Aber wegen einer richterlich verfügten Nachrichtensperre wurde nicht einmal bekannt, ob die Verhafteten Juden oder Araber waren. So kamen in rechtsgerichteten israelischen Kreisen Verschwörungstheorien auf, wonach Palästinenser und nicht jüdische Extremisten die Moschee in Brand gesteckt hätten. Gleichwohl waren die Tat und die hinterlassenen Graffiti eher typisch für radikale Siedler aus den besetzten Gebieten. Am Donnerstag Abend durfte nun veröffentlicht werden, dass die Polizei schon am Tag der Tat einen 18 Jahre alten Israeli festgenommen habe, der zwar in Galiläa lebt, aber in der berüchtigten Siedlung Jitzhar im Westjordanland studiert habe. Der Richter habe die Untersuchungshaft verlängert, weil sich die belastenden Beweise "täglich verdichten".

Abwechselnde Attentate

Am Donnerstagmorgen wurde die Schändung des Grabs des biblischen Erzvaters Joseph am Rande der palästinensischen Stadt Nablus im Westjordanland bekannt. Diese jüdische Heilige Stätte wird von der palästinensischen Polizei bewacht, darf aber laut Osloer Verträge in Absprache regelmäßig von Israelis in Begleitung israelischer Militärs besucht werden. Bei dem Grab hatte es 1996 erbitterte Kämpfe mit vielen Toten gegeben und immer wieder wurde es von Palästinensern zerstört oder geschändet.

In der Nacht zum Donnerstag entdeckten rund 1500 orthodoxe Juden, die zum Gebet an dem Grab gekommen waren, dass es erneut mit Hakenkreuzen und anderen Graffiti geschändet worden war. In Israel gab es deshalb keine große Aufregung. Nur die mächtige amerikanische Anti Diffamation League (ADL) veröffentlichte Protest und forderte nun den Palästinensischen Präsidenten Mahmoud Abbas auf, diese Schändung einer jüdischen Heiligen Stätte zu verurteilen, wie es israelische Politiker im Falle der ausgebrannten Moschee getan hätten. Hillary Clinton schwieg und die internationalen Nachrichtenagenturen nahmen kaum Notiz von der Schändung der jüdischen Heiligen Stätte.

Am Donnerstag Abend wurde zudem bekannt, dass der israelische Geheimdienst und die Polizei einen Terroranschlag aufgeklärt haben, der möglicherweise der Auslöser für die Brandschatzung der Moschee in Tubas Zangaria war. Auf die Wände der Moschee hatte der Täter auch den Namen "Palmer" gesprüht.

Ascher Palmer und sein zweijähriger Sohn Jonathan waren vor zwei Wochen bei einem vermeintlichen Autounfall bei Hebron ums Leben gekommen. Doch stellte sich heraus, dass ein großer Stein die Frontscheibe durchschlagen hatte. Das Auto stürzte in einen tiefen Abgrund. Ascher Palmer und sein kleiner Sohn wurden getötet.

In der palästinensischen Ortschaft Chalchul bei Hebron wurden laut Angaben der Polizei fünf Palästinenser verhaftet. Zwei von ihnen seien für den Mord an den beiden Israelis verantwortlich gewesen. Sie hätten den Stein im Vorbeifahren auf deren Auto geworfen und die Tat eingestanden. Zusätzlich seien noch drei weitere Palästinenser verhaftet worden, die sich zu dem im Abgrund liegenden Auto begeben hätten, um es auszurauben. Dem toten Ascher Palmer hätten sie die Pistole gestohlen.

Die Opfer waren willkürlich das Ziel des Steins geworden. Es hätte genau so gut israelische Palästinenser, Touristen im Mietwagen oder ausländische Journalisten treffen können, da die Palästinenser den Stein offenbar willkürlich auf ein Auto mit israelischem Nummernschild geworfen haben, ohne zu prüfen, wer da am Steuer sitzt. Israelische Autonummern sind gelb mit schwarzen Ziffern, während die Palästinenser weiße Nummernschilder mit grünen Ziffern benutzen.

Der Nahe Osten ist sein Metier. Ulrich W. Sahm berichtet seit Mitte der 1970er Jahre aus der Region. Er ist immer auf der Suche nach der Geschichte hinter der Nachricht.

Quelle: ntv.de

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