Sergej Iwanow Der neue starke Mann?
15.02.2007, 18:39 UhrDer russische Präsident Wladimir Putin hat Sergej Iwanow einmal als seinen engsten Vertrauten bezeichnet. Nicht zuletzt deshalb war der Name des langjährigen Verteidigungsministers immer einer der ersten, wenn darüber spekuliert wurde, wem Putin den Weg zu seiner Nachfolge ebnen wird. Nun hat der mächtige Staatschef seinen gleichaltrigen Vertrauten auf den Posten des Vize-Regierungschefs gehoben. Iwanow gewinnt Spielraum, sich politisch breiter zu positionieren und erhält zugleich die Zeit dafür. Putin muss im kommenden Jahr abtreten.
Der 54-jährige Iwanow gehörte zu den engsten Wegbegleitern Putins schon zu der Zeit, als beide noch beim FSB, der Nachfolgeorganisation des kommunistischen Geheimdienstes KGB waren. Als Putin 1998 Direktor des "Föderalen Sicherheitsdienstes" wurde, wurde Iwanow sein Vize. Als Putin ein gutes Jahr später Ministerpräsident wurde, übernahm Iwanow von ihm den Posten des Sekretärs des Nationalen Sicherheitsrats, den der damalige Präsident Boris Jelzin kurz zuvor geschaffen hatte. Nachdem Putin im Januar 2000 zum Staatschef aufgestiegen war, machte er Iwanow als Zeichen für die postulierte Trennung von Politik und Militär zum ersten zivilen Verteidigungsminister. Sein Freund hatte zuvor extra deswegen den Rang des Generalleutnants aufgegeben.
Welche politische Richtung Iwanow international vertritt, hat er erst vor wenigen Tagen bei der Münchner Sicherheitskonferenz demonstriert: Er vertritt ganz und gar den konservativen und gegen den Westen misstrauischen Reflex, dem Putin nicht immer gefolgt ist. Iwanow gehörte zu den Gegnern der Annäherung an die USA, die Putin nach den Anschlägen im September 2001 einleitete. Auch die von Putin im Grundsatz gebilligte Osterweiterung der Nato um die Staaten aus der ehemaligen sowjetischen Einflussspähre verfolgte Iwanow mit großer Skepsis.
Am vergangenen Sonntag nutzte er den provokativen Auftritt seines Staatschefs vor internationalem Publikum denn auch, um bei einem weiteren Thema nachzulegen, das ihm schon lange auf die Nerven geht: Er stellte den Abrüstungsvertrag von 1987 in Frage, in dem sich die damalige Sowjetunion und die USA auf eine vollständige Zerstörung ihrer atomaren Kurz-und Mittelstreckenraketen geeinigt haben. Das Abkommen gilt bis heute als Kernstück einer Friedenspolitik, der es immerhin gelungen ist, den Kalten Krieg nicht in einen heißen umschlagen zu lassen.
Die linke "Tageszeitung" in Berlin charakterisierte Iwanow wegen solcher Äußerungen gerne als "Großmachtideologen der alten Schule". Putin könnte in ihm nicht nur einen engen Vertrauten finden, der ihm auch nach seinem Ausscheiden aus dem Amt Einfluss und Mitwirkung gewährt. Er könnte auch einen Nachfolger gefunden haben, der sein politisches Vermächtnis wahrt. Zu den Hauptthemen seiner Politik gehört seit einigen Jahren ganz offensichtlich das Bestreben, aus Russland wieder eine Großmacht zu machen.
von Angelika Stricker , Reuters
Quelle: ntv.de