Neue französische Partei "Die Linke" als Vorbild
27.11.2008, 09:10 UhrZur Werbung für seine neue Partei beruft sich der französische Senator Jean-Luc Mlenchon gern auf Oskar Lafontaine. "Er hat es uns in Deutschland mit der Linkspartei vorgemacht", erklärte Mlenchon, als er das Parteibuch der französischen Sozialisten zu Beginn des Monats zurückgab und eine neue Bewegung gründete. Binnen weniger Tage unterschrieben dreitausend Menschen sein Programm, das vor allem auf einer Ablehnung des Kapitalismus beruht. Zur Gründung der französischen "Linkspartei" reist auch Mlenchons großes Vorbild Lafontaine an.
"Jetzt reicht es aber!", fanden Mlenchon und sein Mitstreiter, der Abgeordnete Marc Dolez, als der Streit um den Vorsitz der Sozialistischen Partei (PS) zu eskalieren begann. Zwar wurde schlussendlich die "Erfinderin" der 35-Stunden-Woche als Parteichefin gewählt, Martine Aubry, die in der PS die traditionelle Linke vertritt. Sie gewann die Mitgliederabstimmung aber nur mit einem hauchdünnen Vorsprung vor Sgolne Royal, die die Partei zur Mitte öffnen will.
Vergleich ist schwierig
Für Mlenchon und Dolez eindeutig der Beweis, dass die Sozialistische Partei sich von den vorherrschenden Strömungen der europäischen Sozialdemokratie mitreißen lässt, "obwohl sie überall zum Scheitern führen". Sie wollen sich nicht gemein machen "mit den sozialdemokratischen Parteien, die in ihrem Land mit der Rechten regieren", und vor allem wollen sie nicht den Reformvertrag der Europäischen Union.
Nach Einschätzung von Fachleuten ist genau dies ein Knackpunkt für die neue "Parti de Gauche". Denn wenn Mlenchon und Dolez für die Europawahlen im kommenden Jahr eine gemeinsame Front der linken Kräfte anstreben, die eine "klare Linie" gegen den Lissabon-Vertrag verfolgt, so ist das "noch keine Garantie" dafür, dass sie den gleichen Rückhalt auch bei anderen Themen haben, wie Stphane Rozs vom Pariser Meinungsforschungsinstitut CSA sagt. Außerdem sei es schwierig, die neue französische Linkspartei mit Lafontaines in Deutschland zu vergleichen, denn die Geschichte der Parteien und ihr Hintergrund sowie die Parteienlandschaft der beiden Länder habe kaum etwas gemein.
"Auf der Überholsspur"
Dazu kommt, dass in Deutschland die SPD seit Jahren in der Regierung sitzt und aus dem linken Spektrum der Partei für ihren Sparkurs und den damit einhergehenden "Sozialabbau" kritisiert wird - vermutlich mit ein Grund für den Erfolg der Linkspartei. "'Die Linke' wird von vielen linken Parteien in Europa als Erfolgsmodell wahrgenommen", sagt Oliver Schröder in der Parteizentrale in Berlin. "Aber jedes Land hat eigene politische Besonderheiten, eine eigene Kultur, unterschiedliche Rahmenbedingungen." Als Vorbild genannt zu werden greife deshalb "etwas zu kurz". Die deutsche Linkspartei sei für die Linke in anderen Ländern interessant, weil sie gerade "auf der Überholspur" sei. An die Spitze einer Bewegung in Europa stellen wolle sie sich aber nicht.
Eine neue anti-kapitalistische Partei gründet in wenigen Wochen auch der französische Trotzkist Olivier Besancenot. Der ehemalige Präsidentschaftskandidat könnte allerdings einen Teil seiner Anhänger an die neue Linkspartei verlieren, meint Ernst Hillebrand von der Friedrich-Ebert-Stiftung in Paris. "Der traditionelle Kommunist will gestalten." Deshalb könnten viele kommunistische Wähler nicht viel anfangen mit der Protesthaltung von Besancenot. "Arbeiter wollen das System nicht überwinden. Sie wollen eine anständige Wohnung und ein Auto."
Quelle: ntv.de, Kerstin Löffler, AFP