Merkel und der Stall des Augias Die lange Liste der schweren Aufgaben
01.06.2010, 17:21 Uhr
Die Kanzlerin ist nicht zu beneiden. Nicht nur, dass Köhler geschmissen hat. Auch muss sie sich mit Rekordschulden, Eurokrise und einem Haufen anderer Probleme herumschlagen.
Nach dem Rücktritt von Horst Köhler muss die schwarz-gelbe Koalition nun möglichst rasch einen geeigneten Kandidaten für das höchste Amt im Staat finden. Dabei stehen mit der Haushaltssanierung und der Gesundheitsreform noch einige andere gewaltige Vorhaben auf der Liste.
Bundespräsident:
Am 30. Juni soll der neue Bundespräsident gewählt werden. Nach den Worten von Bundeskanzlerin Angela Merkel (CDU) wollen Union und FDP wieder einen gemeinsamen Kandidaten benennen. Am Dienstag beriet sie bereits mit den Vorsitzenden der beiden anderen Koalitionsparteien, Guido Westerwelle (FDP) und Horst Seehofer (CSU), über das weitere Vorgehen. Erwartet wurde eine relativ schnelle Entscheidung, auch, um ein Signal der Stärke nach dem völlig überraschenden Köhler-Rücktritt auszusenden. Die unterschiedlichen Parteiinteressen und die Anforderungen an das Staatsoberhaupt zu vereinbaren, dürfte aber nicht leicht werden.
Haushalt:

Merkel hat es zurzeit nicht leicht.
(Foto: dpa)
Die Koalition steht in Sachen Haushaltssanierung kurz vor der Stunde der Wahrheit. Am Sonntag und Montag wollen die Minister bei einer Klausur im Kanzleramt in Berlin den Rahmen sowohl für den nächsten Bundeshaushalt als auch die mittelfristige Finanzplanung abstecken. Die Vorgabe, die Bundesfinanzminister Wolfgang Schäuble (CDU) aus der Schuldenbremse im Grundgesetz ableitet, lautet, zehn Milliarden Euro pro Jahr einzusparen. In den vergangenen Tagen wurde bereits heftig über verschiedene Sparvarianten gestritten. Selbst Steuererhöhungen wurden ins Spiel gebracht - und vor allem von der FDP empört abgelehnt. In jedem Fall aber werden sich Union und FDP auf schmerzhafte und unpopuläre Entscheidungen einigen müssen und heftige Proteste durchzustehen haben.
Gesundheit:
Die von der FDP verlangte Einführung einer einkommensunabhängigen Kopfpauschale in der Krankenversicherung stößt insbesondere bei der CSU weiter auf Widerstand. Selbst ein abgespecktes Konzept von Gesundheitsminister Philipp Rösler (FDP) wurde in München am Montag als zu kompliziert kritisiert. Nach den Vorstellungen des Gesundheitsministers soll die Reform in kleinen Schritten vollzogen werden: Dies könnte so aussehen, dass zunächst ein Teil des Arbeitnehmerbeitrages zur gesetzlichen Krankenkasse als Kopfpauschale mit Sozialausgleich erhoben wird. Aus welchen Töpfen dieser Sozialausgleich gezahlt werden soll, ist derzeit noch unklar. Zuletzt war das Thema auf die höchste Koalitionsebene verlagert und eine Entscheidung für Anfang Juni angekündigt worden.
Griechenland, Euro-Krise und die Folgen:
Die milliardenschweren Hilfspakete erst für Griechenland und dann zur Unterstützung des Euro wurden binnen weniger Wochen von der Koalition durch Bundestag und Bundesrat gebracht. Dennoch ist die Euro-Krise längst nicht bewältigt. Von der Regierung werden nun wirkungsvolle Maßnahmen gegen die Exzesse an den Finanzmärkten erwartet: Diskutiert wird vor allem über eine Finanztransaktionssteuer und eine verschärfte Bankenabgabe. Beide Themen sind in der Koalition aber strittig.
Atomkraft:
Der schwelende Streit um die Laufzeiten-Verlängerung für deutsche Atomkraftwerke hatte sich zuletzt dramatisch zugespitzt: Baden-Württembergs Ministerpräsident Stefan Mappus (CDU) legte seinem Parteifreund, Bundesumweltminister Norbert Röttgen (CDU), wegen dessen Forderung nach einem schnellen Ausstieg aus der Atomenergie sogar den Rücktritt nahe. Im Koalitionsvertrag hatten CDU/CSU und FDP vereinbart, die Laufzeiten der deutschen Atomkraftwerke zu verlängern. Details sollten ursprünglich erst in einem für Herbst geplanten Energiekonzept geklärt werden. Nun ist ein Spitzengespräch bereits für Ende der Woche geplant - auch um die zuletzt strittige Frage zu klären, ob der Bundesrat einer Laufzeitverlängerung zustimmen muss.
Quelle: ntv.de, Ellen Hasenkamp, AFP