Dossier

"Motor Europas"? Eher lahme Mühle

Das "Weimarer Dreieck" der Staats- und Regierungschefs aus Frankreich, Polen und Deutschland stand wiederholt unter keinem guten Stern. Im Mai 2005 votierten die Franzosen zehn Tage nach der Zusammenkunft der drei Staatenlenker in Nancy gegen die EU-Verfassung und stürzten die EU in eine tiefe Krise. Im vergangenen Juli wurde das Treffen in Weimar von Polens Staatschef Lech Kaczynski mit Kanzlerin Angela Merkel (CDU) und Frankreichs Staatspräsident Jacques Chirac kurzfristig abgesagt. Kaczynski soll politisch verschnupft gewesen sein wegen angeblich despektierlicher Medienberichte in Deutschland über seine Person.

In der Goethe-Stadt war das informelle Konsultationsforum vor 15 Jahren von den damaligen Außenministern der drei Länder ins Leben gerufen worden. Die Treffen finden seitdem in der Regel alle zwei Jahre statt. Ursprünglich als Instrument zur Annäherung Polens an EU und NATO gedacht, hat das "Weimarer Dreieck" bislang keine große Ausstrahlung für eine neue Nachbarschaftspolitik im Herzen Europas entfaltet. Von einem neuen "Motor Europas", von dem Chirac 1998 in Posen (Poznan) noch sprach, ist keine Rede mehr.

Im Gegenteil: Die polnische Unterstützung des Irak-Krieges hat zur Entfremdung vor allem zwischen Paris und Warschau beigetragen. Kaczynski hatte sogar Sinn und Zweck dieses Dreierverhältnisses in Frage gestellt. Die EU-kritische Haltung der Warschauer Führung bremst zusätzlich eine engere Kooperation der drei Länder. Neuerdings ist die polnische Aversion gegen Russland und die Kritik an den deutsch-russischen Ostsee-Pipeline-Plänen dazu gekommen.

Merkel hat bisher in ihrer EU-Politik alles vermieden, was als exklusive Sonderpartnerschaft gedeutet werden könnte. Jetzt - wenige Wochen vor Beginn der deutschen EU-Ratspräsidentschaft - braucht sie allerdings Verbündete, um neuen Schwung in die EU zu bringen. Paris und Warschau sind dabei wichtige Adressen.

Quelle: ntv.de

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