Dossier

Hamas-Chef im Wortlaut "Ein Gebilde, das Israel heißt"

Der Chef der radikal-muslimischen palästinensischen Hamas-Bewegung, Chaled Maschaal, hat in einem Interview mit der Nachrichtenagentur Reuters angeblich die faktische Existenz Israels anerkannt. Im Folgenden der Wortlaut der entscheidenden Passage des Gesprächs, das am Mittwoch (10.01.2007) im syrischen Exil des Hamas-Anführers geführt wurde (Übersetzung: Reuters).

Was will die Hamas?

Wir in der Hamas vertreten die allgemeine palästinensische und arabische Position und den Konsens, dass es unerlässlich ist, einen palästinensischen Staat in den Grenzen vom 4. Juni zu bilden, inklusive Jerusalem, dem Recht auf Rückkehr und dem Rückzug Israels auf diese Grenzen.

Setzen Sie die Existenz Israels voraus, wenn Sie die Grenzen von 1967 akzeptieren?

Das Problem ist nicht, dass es ein Gebilde gibt, das Israel heißt. Das Problem ist, dass der palästinensische Staat nicht existiert. Es ist eine Realität, dass Israel auf palästinensischem Gebiet existiert. Das Problem ist, dass der palästinensische Staat nicht existiert. Mein Ziel als Palästinenser ist, diesen Staat zu gründen. Internationale Beziehungen beruhen nicht nur auf Anerkennung.

Bedeutet das, dass Sie die Existenz Israels akzeptieren?

Wir wollen uns nicht mit Fragen beschäftigen, die den Kampf kompliziert machen. Wir bieten eine echte Chance an, an die Araber und Palästinenser glauben. Es wird weiterhin einen Staat geben, der Israel heißt. Dies ist eine Tatsache. Von den Palästinensern sollte aber nicht verlangt werden, Israel anzuerkennen. Nicht alle internationalen Beziehungen beruhen auf Anerkennung. Wer wird die Chance ergreifen?

Bedeutet dies, dass Sie Israel formell anerkennen können?

Wir als Hamas und als Palästinenser reden nicht über eine Anerkennung Israels oder darüber, es als Realität zu akzeptieren. Als Palästinenser spreche ich heute über die palästinensische und arabische Forderung nach einem Staat in den Grenzen von 1967. Es ist wahr, dass es in der Realität auf dem Rest des palästinensischen Landes ein Gebilde oder einen Staat geben wird, der Israel heißt. Das ist die Realität, aber ich bin nicht bereit, darauf in der Art einer Anerkennung oder eines Eingeständnisses einzugehen. Es handelt sich um eine Tatsache, die das Ergebnis historischer Faktoren ist.

Kann die Hamas Israel in der Zukunft anerkennen und seine Charta, die zur Zerstörung Israels aufruft, ändern?

Warum sollten wir uns mit der fernen Zukunft beschäftigen, wenn wir dringende Bedürfnisse in der nahen Zukunft stillen müssen? Die ferne Zukunft wird sich unter ihren eigenen Umständen ereignen und die Positionen werden dann festgelegt.

Sagen Sie, dass Sie härter verhandeln werden als die Unterhändler der Vergangenheit?

Die Methode, die Israel in seinen Verhandlungen mit der PLO angewandt hat, und seine Versuche, Kompromisse für begrenzte kleine Zugeständnisse umsonst zu erhalten, wird mit der Hamas-Bewegung nicht funktionieren. Die Hamas hat heute das Vertrauen der Menschen und hat die Wahl gewonnen. Die Hamas kann die Logik eines Handels mit Israel nicht akzeptieren.

Israel muss die palästinensischen Rechte respektieren. Wir fordern einen palästinensischen Staat in den Grenzen von 1967 einschließlich Jerusalem und dem Recht auf Rückkehr. Israel muss sagen, ja, wir stimmen zu, und sich zurückziehen. Der Weg, dass Israel uns in einen Handel in Stufen und mit Paketlösungen hineinziehen will, stellt den Versuch dar, die palästinensische Position zu schwächen, die Palästinenser zu ködern, ihre Forderungen herunterzuschrauben, und den Zeitfaktor zu nutzen und Druck auszuüben. Das wird mit uns nicht laufen.

Wird es eine neue palästinensische Regierung geben?

Wir hatten eine Regierung der nationalen Einheit geplant, die nicht technokratisch sein sollte, sondern aus Ministern bestehen sollte, die Fachleute sind. Und wir waren auf der Suche nach einer Formel, die die Regierung von einer Zuordnung freihält. Dieses Projekt ist gescheitert. Heute sagen wir: Wir eröffnen einen Dialog ohne Vorbedingungen. Jede Seite legt ihre Ideen vor. Zum jetzigen Zeitpunkt setzen wir uns für eine Regierung der nationalen Einheit ein, die von Ministerpräsident Hanija angeführt wird und auf unserem nationalen Abkommen basiert. Danach werden wir uns auf die Einzelheiten der Regierungsbildung einigen.

Quelle: ntv.de

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