Erst Christ, dann Moslem, jetzt Jude Ein ungewöhnlicher Weg
14.05.2010, 10:46 UhrEr war Christ, konvertierte zum Islam und entdeckte dann seine jüdischen Wurzeln. Heute lebt Bronson in Israel und sagt über seinen Weg: "Es gibt Gott. Man muss ihn nur suchen."
Korey Bronson sitzt in frisch gebügelter Uniform auf einer Holzbank in der Bet-Vagan Jugendherberge in Jerusalem und wartet auf den Marschbefehl zum Präsidentenpalais. Er ist einer von 120 Soldaten, die für ihre Verdienste von Staatspräsident Schimon Peres ausgezeichnet werden sollen.
Auf dem Rasen vor der Jugendherberge liegen Berge von Rucksäcken. Junge Soldatinnen und Soldaten in Ausgehuniform plaudern, flirten oder dösen. Sie sollen an Paraden teilnehmen. Zu dem Interview mit Bronson haben sich zwei Vertreter des Militärsprechers hinzugesellt. Sie sollen aufpassen, dass Bronson keine Militärgeheimnisse ausplaudert. Dabei wollen wir nur seine persönliche Familiengeschichte erfahren. Eine Zeitung hatte gemeldet, dass er schon Christ und Moslem war, ehe er seine jüdischen Wurzeln entdeckte und nach Israel auswanderte, um Offizier zu werden.
Aufgewachsen in einer christlichen Familie, ...
"Ich erinnere mich noch genau an meinen Vater. Der war ein Supermann", erzählt der 1989 im amerikanischen Philadelphia geborene Soldat mit der kaffeebraunen Hautfarbe. "Mit der Sauerstoffflasche in der einen Hand und dem Besen in der anderen, putzte er unser Haus", erinnert sich Bronson. Als er sechs Jahre alt war, starb sein Vater, ein Christ, an Krebs. "Wegen des Krebses konnte er keine Kinder zeugen", erklärt Bronson. Sein "biologischer Vater" sei ein indischer Arzt, den er nicht kenne. "Ich wuchs in einer typisch christlichen Familie auf. Am Sonntag gingen wir in die Kirche. Vor dem Essen sprachen wir ein Gebet."
... dann zum Islam konvertiert
Er war elf, als seine Mutter, von Beruf Gefängniswärterin, einen Jugendfreund traf. Der war Moslem. Sie heirateten und die ganze Familie konvertierte zum Islam, sein Bruder, ebenfalls durch einen indischen Spender künstlich gezeugt, und seine Adoptivschwester. Der Stiefvater bestand darauf, alles "extrem richtig" zu machen. Fortan gab es kein Schweinefleisch mehr. Fünfmal täglich wurde in der Moschee gebetet und selbstverständlich fasteten sie im Ramadan. "So lernte ich auch Arabisch", lacht der heutige Panzerfahrer und rezitiert vergnügt ein muslimisches Gebet auf Arabisch.
Von seiner Oma hatte er gelernt, dass es nur einen Gott gebe. "Jeder muss seinen richtigen Weg finden", lehrte sie ihn. Als Junge interessierte er sich für Hinduismus. In dieser Zeit ließ er sich das koreanische Yin-Yen Symbol und den Namen seines verstorbenen Vaters, Kipy, auf den Unterarm tätowieren.
Eines Tages kam Onkel Jehiel Heiman, ein Bruder seiner Mutter, zu Besuch. Der war eigentümlich gekleidet. "Warum trägst Du einen schwarzen Hut?" fragte Bronson seinen Onkel. "Weil heute Sabbat ist und ich zum Gottesdienst gehen will."
Auf der Suche nach Gott
Bronson verstand plötzlich, dass seine im Waisenhaus aufgewachsene Großmutter Jüdin war, deshalb auch seine Mutter und ebenso er selber. Bronson: "Als ich Moslem wurde, verstand ich nicht die echten Unterschiede. Ich ging in die Moschee, in die Synagoge mit meinem Onkel und aus Gewohnheit am Sonntag in die Kirche." Das Durcheinander machte Bronson neugierig. Er studierte Religionen, konnte sich aber nicht mit ihnen identifizieren. "Es gibt Gott. Man muss ihn nur suchen. Meine Mutter hatte ihre jüdische Identität versteckt, weil sie das für irrelevant hielt", erzählt Bronson.
Angekommen in Israel
Bronson zog für drei Monate zu seinem Onkel. Daraus wurden drei Jahre. Und schließlich beschloss der tief ins Judentum eingewiesene Bronson, sein Seelenheil in Israel zu suchen. In Maalot Tarschicha im Norden Israels besucht er eine "Jeshiva", eine fromme jüdische Religionsschule. "Das ist heute meine Familie", sagt Bronson. "Dahin gehe ich, wenn ich Urlaub vom Militärdienst habe." Wieso er keine Kipa auf dem Kopf trage, wie bei frommen Juden üblich? "Oh, danke. Ich hatte sie während der Busfahrt nach Jerusalem abgenommen, damit sie nicht wegfliegt, und vergessen, sie wieder aufzusetzen." Flink zieht er eine runde gestickte Kipa aus der Tasche und legte sie auf sein kahlgeschorenes Haupt. Mindestens einmal in der Woche telefoniert er mit seiner Mutter und hält auch guten Kontakt zu seinem Stiefvater. "Die Moslems in den USA halten sich von extremistischen Islamisten und von der Politik fern", erklärt Bronson. "Sie sind schließlich in die USA gekommen, um das Leben zu genießen."
Bronson dient zwar in der israelischen Armee, aber Staatsbürger sei er noch nicht. "Die Behörden wollen da noch etwas prüfen", erklärt Bronson. Er will Offizier werden und schwärmt vom verstorbenen Ministerpräsidenten Menachem Begin. "Der sagte mal, dass eine Armee dazu diene, ein Volk zu verteidigen und ihm die Identität zu geben, jenseits von Politik." Bronson erzählt begeistert von seinem Militärdienst als Panzerfahrer: "Da sitze ich zusammen mit einem Perser und einem Marokkaner, der eine ist ein frommer Jude, der andere ein weltlicher, und dann sitzt bei uns noch ein muslimischer Beduine. Jeder muss dem Anderen voll trauen, denn jeder von uns gibt dem anderen sein Leben in die Hand." Schon als Kind habe er gelernt, selbstständig zu sein.
Keine Sehnsucht nach Kirche und Moschee
Die Auszeichnung des Staatspräsidenten mitsamt einem Stipendium bekomme er wegen "Führungsqualitäten". Schließlich fragen wir ihn, was er heute über seine christliche und muslimische Vergangenheit denkt. "An Kirche und Moschee habe ich nur noch viele gute Erinnerungen, aber keine Sehnsucht."
Quelle: ntv.de