Knut ganz cool Eisbärbaby als Botschafter
23.03.2007, 13:28 UhrKnut blieb cool. Bei seiner öffentlichen Premiere bewältigte das Berliner Eisbärbaby am Freitag den Stress im Zoologischen Garten glänzend. Unter Rufen des Entzückens vieler hundert Reporter und Zaungäste schnüffelte und tapste der zur Zeit beliebteste Berliner in allen Ecken und Verstecken auf dem Bärenfelsen herum. Nur als ihm die Zurufe von Kameraleuten aus aller Welt und die fremden Gerüche zu viel wurden, flüchtete er sich zu Ziehvater Thomas Dörflein. Er krabbelte am Hosenbein des Pflegers hoch, lutschte an seinem Daumen und schleckte ihm quer über die Nase. Nach der Aufregung über sein Schicksal suchte Knut Schutz.
Sein erster großer Auftritt ging an Herz und Gemüt. Es war zu spüren, welche Rolle dem Bärchen nun im Kampf um das Überleben seiner bedrohten Art zukommt. Mehrere TV-Sender übertrugen live vom Bärenfelsen. Bundesumweltminister Sigmar Gabriel (SPD) erklärte Knut zum Maskottchen der Internationalen Artenschutzkonferenz 2008 in Bonn. Zoo-Direktor Bernhard Blaszkiewitz und Bären-Experte Heiner Klös kürten den Bären zum "Botschafter der Stadt Berlin in der internationalen Debatte um den Klimawandel" und nannten ihn einen "idealen Vertreter einer populären, aber sehr bedrohten Tierart". Und auch Tourismuschef Hanns Peter Nerger erkannte seine Chance. Knut sei "Berlins süßester und charmantester Botschafter und Image-Träger".
"Wir sind stolz, dass in der ganzen Welt aus Berlin berichtet wird, sogar auf der Titelseite der New York Times", sagte Zoo-Tierarzt Ragner Kühne zum starken internationalen Interesse. Als Beobachter berichteten Reporter aus Japan, Australien, Ägypten, Südafrika, den USA, Kolumbien, Neuseeland sowie zahlreichen europäischen Ländern. Von diesem Samstag an können sich die Besucher täglich von 11.00 bis 13.00 Uhr an der neuen Attraktion im Zoo erfreuen.
Der fast vier Monate alte Knut ist auch für viele Schulkinder bereits Symbolfigur. "Wir werden uns gleich nächste Woche im Unterricht intensiv mit den Themen Tierschutz und Klimawandel beschäftigen", sagte Klassenlehrerin Silvia Radeklau von der Borsigwalder Grundschule in Berlin, deren Schüler der 4. Klasse begeistert den verspielten und am Wasserfall badenden Knut beobachteten. "Den möchten meine Schüler am liebsten alle mit nach Hause nehmen", sagte Lehrerin Eva-Maria Krämer von der Katholischen St. Franziskus-Schule. Ihre 7. Klasse arbeitet an einem "Tage- und Jahrbuch über Knut und das Schicksal seiner Artgenossen".
Die Zoo-Tierärzte waren mit der Show sehr zufrieden. Nur langsam löste sich die Spannung. Es hatte Befürchtungen vor zu viel Stress für den kleinen Kerl gegeben. "Doch wir sind sehr froh, es ist praktisch alles perfekt gelaufen", sagte Tierarzt Ragnar Kühne. "Knut ist einfach fit und stabil", meinte Kollege Andreas Ochs. Der Publikumsliebling, bei der Geburt am 5. Dezember ein Leichtgewicht von gerade einmal 810 Gramm und so groß wie ein Meerschweinchen, bringt inzwischen stramme 9,3 Kilo auf die Waage. Mutter Tosca (20) hatte Zwillinge zur Welt gebracht, ein Jungtier starb nach vier Tagen. Knut überlebte nach 44 Tagen im Brutkasten mit Nahrung aus der Milchflasche und einem speziell angerührten Fleischbrei. Dies hatte einige Tierschützer auf den Plan gerufen, die gegen die Aufzucht von Menschenhand protestierten.
Zoo-Direktor Bernhard Blaszkiewitz hatte sich bei der Knut-Premiere anfangs für das große Interesse der vielen hundert Menschen bedankt und noch einmal kritisch auf die Debatte um eine Tötung von Knut hingewiesen. "Gut, dass so viele Menschen an Knuts Zukunft glauben." Umweltminister Gabriel hat seine Patenschaft übernommen und kündigte eine erkleckliche "Gage" für Knut an. Üblich ist die Übernahme der Futter- und Pflegekosten für mindestens ein Jahr, die bis zu 10.000 Euro betragen können.
von Hans-Rüdiger Bein, dpa
Quelle: ntv.de