Irak-Hilfe auf dem Prüfstand Erwartungen begrenzt
29.05.2008, 12:26 UhrRegierungsvertreter aus 80 Ländern wollen in Stockholm eine Zwischenbilanz über den Stand beim Wiederaufbau und der Sicherheitslage im Irak ziehen. Aus Bagdad kommt der irakische Ministerpräsident Nuri al-Maliki, aus New York UN-Generalsekretär Ban Ki Moon und aus Washington US-Außenministerin Condoleezza Rice. Die Erwartungen an das eintägige Treffen fallen nicht zuletzt wegen der bevorstehenden Präsidentschaftswahlen in den USA begrenzt aus. Denn was danach kommt, steht auch für die Stockholmer Delegierten in den Sternen.
Die erste Konferenz zur Gründung des auf fünf Jahre angelegten "Paktes mit dem Irak" (ICI) vor einem Jahr im ägyptischen Sinai-Badeort Scharm el Scheich galt allgemein als positiver Schritt. Die internationale Staatengemeinschaft wollte Druck auf Bagdad machen, den Weg der nationalen Aussöhnung im eigenen Land zu gehen und möglichst zu beschleunigen. Der iranische Außenminister Manuchehr Mottaki setzte sich an einen Tisch mit seiner US-Kollegin Rice. Die irakische Delegation ließ anschließend verlauten, man habe etwas mehr konkrete Hilfszusagen und weniger Kritik erwartet.
Vor dem Treffen in Stockholm, das als "erste Prüfungskonferenz" zu den Übereinkünften aus Scharm el Scheich deklariert wird, schloss Schwedens gastgebender Außenminister Carl Bildt ausdrücklich aus, dass man eine "Geberkonferenz" erwarten könne. Ziel werde es vielmehr sein, den Irak-Konflikt stärker als bisher in "internationale Zusammenhänge einzubetten", nicht zuletzt mit Blick auf Europa. Genau wie vor einem Jahr müsse man kontroverse Debatten um den nationalen Versöhnungsprozess wie auch um die Verteilung des irakischen Ölreichtums erwarten.
Gastgeberrolle Schwedens
Dass die weder am Irak-Krieg beteiligten noch in der NATO vertretenen Schweden die Irak-Konferenz ausrichten, hält Bildt für ein "sehr gutes politisches Signal". Man wolle sich als europäisches Land stärker als bisher am Prozess des Wiederaufbaus beteiligen, sowohl praktisch wie mit Blick auf demokratische Strukturen.
Immer wieder verweisen die Stockholmer Gastgeber darauf, dass das kleine Schweden in den letzten Jahren mehr als 150.000 Flüchtlinge aus dem Irak aufgenommen hat und damit mehr als alle anderen EU-Länder zusammen. "Es muss international eine gerechtere Lastenverteilung geben", meint Bildts Staatssekretär Frank Belfrage. Er verweist auf die kleine Stadt Södertälje bei Stockholm mit gerade mal 82.000 Einwohnern. Die habe allein im letzten Jahr 1200 Christen aus dem Irak aufgenommen und damit mehr Flüchtlinge aus dem von Krieg und Gewalt geschundenen Land als die USA und Kanada zusammen. Bürgermeister Anders Lago trug dieses bemerkenswerte Faktum eine Einladung vor den Kongress in Washington ein.
Von Thomas Borchert, dpa
Quelle: ntv.de