Dossier

Autonomes Katalonien "Estatut" bedroht Spaniens Einheit

Für die einen ist es der Anfang vom Ende der Einheit Spaniens, für die anderen geht ein lang gehegter Traum in Erfüllung: Das Autonomie-Statut der wirtschaftlich stärksten Region Spaniens. Der Gesetzestext gewährt den Katalanen mehr politische und finanzielle Eigenständigkeit gegenüber der Zentralregierung in Madrid, stellt deren Zugehörigkeit zu Spanien aber nicht in Frage.

Kaum eine andere Initiative ist in der jüngeren Geschichte Spaniens so kontrovers erörtert worden. Die konservative Opposition sieht in dem Autonomie-Statut, das etwa der Verfassung eines Bundeslandes in Deutschland entspricht, eine ernste Gefahr für die staatliche Ordnung. "Dieses Gesetz spaltet unser Land und gibt dem Nationalismus Auftrieb", sagt der Vorsitzende der Volkspartei (PP), Mariano Rajoy. Sein Vorgänger, der frühere Regierungschef Jos Mara Aznar, warnte mit Blick auf den Zerfall Jugoslawiens gar vor einer "Balkanisierung" Spaniens. Die PP hatte vier Millionen Unterschriften gesammelt, um eine landesweite Volksabstimmung durchzusetzen, scheiterte damit aber im Parlament. Nun droht sie mit einer Verfassungsklage.

Für Ministerpräsident Jos Luis Rodrguez Zapatero ist das "Estatut", wie es auf katalanisch heißt, dagegen Ausdruck eines modernen Spaniens. "Es spiegelt die Vielfältigkeit unseres Landes wider", sagt er. Der Sozialist sieht in dem Gesetzestext keine Gefahr für die Einheit des Landes. Er geht im Gegenteil davon aus, dass sich die einzelnen Regionen stärker an Spanien gebunden fühlen, wenn ihre Eigenständigkeit anerkannt wird. Bestrebungen zur Unabhängigkeit, wie im spanischen Baskenland, lehnt auch Zapatero ab.

Einer der strittigsten Punkte des katalanischen Autonomie-Statuts war der Anspruch der vom Sozialisten Pasqual Maragall angeführten Regionalregierung in Barcelona, die nordostspanische Region als Nation einzustufen. Letztlich wurde in dem Text aber nur festgehalten, dass sich Katalonien als solche versteht.

Dennoch werden die katalanische Flagge oder die Hymne als "nationale Symbole" anerkannt und die katalanische Sprache gestärkt, die neben Spanisch bereits Amtssprache ist. Die Region kann zudem künftig in größerem Maße über die Einnahmen aus Einkommens- und Mehrwertsteuer verfügen. Für die Rechte ist all dies eine Provokation. Insgesamt wurde das Statut vom Madrider Parlament im Vergleich zu der vom Regionalparlament in Barcelona verabschiedeten Fassung aber stark entschärft.

Dies hat zum Bruch der katalanischen Koalitionsregierung geführt. Den Linksrepublikanern (ERC), die langfristig für die Unabhängigkeit der 6,8 Millionen Einwohner zählenden Region eintreten, ging die abgeschwächte Version nicht weit genug. Ebenso wie die konservative PP riefen sie ihre Anhänger auf, in dem Referendum mit Nein zu stimmen und wurden deshalb von Maragall aus der Regierung entlassen. Im Herbst soll es Neuwahlen geben. Für das Ja warben die katalanischen Sozialisten Maragalls (PSC), die Ökosozialisten (ICV) und die oppositionellen gemäßigten Nationalisten (CiU).

Quelle: ntv.de

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