Die Qualität muss stimmen Fremdbetreuung kein Problem
20.02.2007, 09:25 UhrIm Streit um den Ausbau der Kleinkinderbetreuung hat der Psychologe Wassilios Fthenakis mehr Sachlichkeit verlangt. "Kein Mensch will Müttern in Deutschland die Kleinkinder wegnehmen und zwangsweise in eine Betreuung schicken", sagte der international anerkannte Kindheitsforscher der Deutschen Presse-Agentur.
Bei der Debatte sollte sich Deutschland von den positiven Erfahrungen erfolgreicher PISA-Nationen leiten lassen. In den skandinavischen Staaten und auch in Frankreich seien Betreuungsangebote außerhalb der Familie und frühkindliche Bildungsförderung seit Jahren gang und gäbe. In der Wissenschaft bestehe international heute Konsens darüber, dass ein Kleinkind bei normaler Entwicklung ab dem sechsten Monat bis zu 20 Stunden in der Woche ohne Probleme auch außerhalb der Familie betreut werden kann - sofern "die Qualität des Angebot stimmt", betonte Fthenakis.
"Lernt das Kind dann laufen, ist etwa ab 18 Monaten auch eine Ausweitung dieser Stundenzahl möglich." Aber auch hier gelte, dass die Qualität der Krippe oder die Arbeit der Tagesmutter in Ordnung sein müssen. Ab drei Jahren sei dann auch Ganztagsbetreuung unproblematisch, sagte der Wissenschaftler, der weltweit Regierungen in der Familien- und Bildungspolitik berät.
Fthenakis bezeichnete es als "böse Verleumdung", wenn Bundesfamilienministerin Ursula von der Leyen (CDU) unterstellt werde, sie wolle mit ihrem Kurs bei der Kinderbetreuung "alte DDR-Verhältnisse reaktivieren". Die angestrebte Wahlfreiheit der Familien, ob sie ihre Kinder zu Hause selbst betreuen oder außerfamiliäre Betreuungsangebote nutzen wollen, "hat nichts mit sozialistischer Kindererziehung la Sowjetunion zu tun".
Fthenakis betonte: "Und gleichzeitig will niemand die Mütter diskriminieren, die lieber selbst zu Hause ihre Kinder erziehen." Es sei unglaublich, "mit welcher Rhetorik derzeit in Deutschland die Debatte geführt wird". Ton und Zuspitzung der Auseinandersetzung zeugten "von wenig Verantwortung für die nachwachsende Generation". Von der Leyen und auch ihre Amtsvorgängerin Renate Schmidt (SPD) hätten dagegen mutig eine in Deutschland längst überfällige Entwicklung zur Schaffung von mehr Betreuungsangeboten in Gang gesetzt.
Quelle: ntv.de