Dossier

Versprecher im US-Wahlkampf Fressen für die Rivalen

Die Kandidaten für die US-Präsidentschaftswahl 2008 haben einen gemeinsamen Feind: den Versprecher. Demokraten und Republikaner fürchten kleine Ausrutscher, die schnell zum Verhängnis werden können. Früher genügte ein einfaches Dementi, um Versprecher und Missverständnisse aus der Welt zu schaffen. Doch heute gibt es YouTube. Wenn ein Kandidat auftritt, sind Mitarbeiter des Gegners schon da und warten nur auf Fehler. Kommt es zu einem Lapsus, steht er schnell zum millionenfachen Download im Internet bereit.

"Es kommt so häufig vor, man könnte meinen, es ist Absicht", sagte der Meinungsforscher Terry Madonna vom Franklin & Marshall College aus dem US-Staat Pennsylvania scherzhaft. Selbst erfahrene Politiker seien nicht vor Fehlern gefeit. Und in den meisten Versprechern steckt immer auch ein Körnchen Wahrheit.

Der republikanische Senator John McCain beispielsweise, der für seine spontanen Aussprüche bekannt ist, hatte in einer Rede die Leben der im Irak getöteten US-Soldaten als "vergeudet" bezeichnet. Seine Konkurrenten freuten sich über diesen Fauxpas. McCain blieb nichts anderes übrig, als den organisierten Rückzug anzutreten und sich öffentlich zu entschuldigen.

Der republikanische Präsidentschaftskandidat und frühere New Yorker Bürgermeister Rudolph Giuliani trat mit der Bemerkung ins Fettnäpfen, er sei nach den Anschlägen vom 11. September genauso oft wenn nicht gar öfter am Ground Zero gewesen wie die meisten Helfer und denselben gesundheitlichen Risiken ausgesetzt gewesen wie diese. Nach empörten Reaktionen einiger der Rettungskräfte von damals räumte Giuliani ein, er hätte sich geschickter ausdrücken können. "Was ich meinte war, ich war bei Ihnen."

Ist der Versprecher einmal in der Welt, haben die Politiker im Wesentlichen zwei Möglichkeiten, zu reagieren. Die erste ist die klassische Flucht nach vorn: entschuldigen und klarstellen. Doch wenn dies zu oft vorkommt, gilt ein Kandidat in den USA schnell als wankelmütig.

Die zweite Strategie verkörpert der vormalige republikanische Gouverneur von Arkansas, Mike Huckabee. Er sei lieber authentisch und mache auch Fehler, sagte er. Die Leute hätten die glattpolierten Politiker satt und würden ihm Fehler eher nachsehen als Falschheit. "Und wenn das nicht so ist, dann bin ich nicht der richtige Mann für sie." Mit dieser Strategie kann ein Politiker jedoch schnell als stur und nicht lernfähig gelten. Huckabee bezeichnete Arkansas schon mal als "Bananenrepublik". Nach einer erfolgreichen Fastenkur hatte er auch erklärt, er habe seine 50 Kilogramm dank eines Aufenthaltes im Konzentrationslager abgespeckt. Entschuldigt hat er sich nicht. Seine Chancen, US-Präsident zu werden, sind allerdings äußerst gering.

Barack Obama, der Hauptrivale von Senatorin Hillary Clinton bei den Demokraten, verhehlt nicht, dass er auch Fehler mache. In einer Wahlkampfrede in Virginia sprach er beispielsweise über die Folgen eines Tornados in Kansas: "Zehntausend Menschen starben - eine ganze Stadt wurde zerstört". Es kamen aber lediglich zwölf Menschen ums Leben. Den Fehler korrigierte er noch vor Ende der Rede.

Schlimm traf es auch John Kerry, den Präsidentschaftskandidaten der Demokraten von 2004. In der Endphase des Kongresswahlkampfes im vorigen Herbst sagte der Senator aus Massachusetts vor Studenten in Pasadena, wer nicht hart studiere, ende leicht im Irak. Er löste damit empörte Reaktionen des Weißen Hauses aus. Die regierenden Republikaner sahen in seiner Bemerkung eine Beleidigung der US-Soldaten im Irak. Erst nach einigen Tagen entschuldigte sich Kerry - nicht zuletzt auf Druck seiner Parteifreunde im Kongress - und sprach von einem missglückten Scherz. Die Entschuldigung kam vermutlich zu spät: Nach diesem Lapsus hatte sich Kerry für eine erneute Präsidentschaftskandidatur 2008 disqualifiziert.

Quelle: ntv.de

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