Dossier

Ausgezeichnete Aktion Fünf Jahre Kinder-Uni

Im größten Hörsaal der Universität Münster dauert es meist lange, bis Ruhe einkehrt. Bleistifte, Federtaschen und Schreibhefte werden eilig aus den Schulranzen herausgekramt. Ein paar Papierflieger schweben durch den Raum. Mehr als 600 Kinder sind bei den Vorlesungen der Kinderuniversität oft dabei. "Wer schrieb die Bibel?" lautete erst jüngst das Thema des Vortrages von Theologieprofessor Ulrich Berges. In diesem Jahr wird die Kinder-Universität an deutschen Hochschulen fünf Jahre alt. "Ein Riesenerfolg", heißt es bei den Universitäten. Kritik kommt dagegen von Lehrerverbänden.

Seit fast fünf Jahren gehen die kleinen Studenten in die Vorlesungen der Kinder-Uni. Sie gehen Fragen nach wie "Kann ich meine Eltern auf Taschengeld verklagen?", "Warum müssen Schmerzen sein?" oder "Was passiert mit einem Schokokuss im Weltall?". In der Universität Tübingen konnten die Kinder im Mai 2002 erstmals Vorträge von Professoren besuchen. Seitdem strömen jährlich mehrere hunderttausend Kinder in die Hörsäle.

Mittlerweile gibt es die Kinder-Unis an knapp 100 Hochschulen in Deutschland, Österreich und der Schweiz. Das Konzept, Kindern im Alter von acht bis zwölf Jahren komplexe wissenschaftliche Themen verständlich zu erklären, stieß auf Begeisterung bei Schülern, Eltern und auch Wissenschaftlern.

Die Universität Tübingen ist besonders stolz auf die Kinder-Uni. Dort hat alles begonnen. Hochschulsprecher Michael Seifert meint: "Die Kinder-Uni ist ein Riesenerfolg. In Tübingen selbst hatten wir allein beim fünften Durchgang in diesem Jahr 25.000 Besucher." An ein Ende der Kinder-Uni sei gar nicht zu denken. "Da würden wir Ärger mit Schülern und Eltern bekommen."

Auch das Bundesministerium für Bildung und Forschung begrüßt die Kooperation zwischen Schule und Universität. "Wir werden in Zukunft viel mehr Akademiker als heutzutage benötigen. Von daher ist es sehr gut, wenn Kinder schon so früh wie möglich an das Lernen an der Universität herangeführt werden", sagt Ministeriumssprecher Christian Herbst.

Kritische Stimmen kommen dagegen vom Deutschen Lehrerverband. Präsident Josef Kraus hat seine Zweifel, ob Universitäten wissenschaftliche Themen für junge Schüler altersgerecht aufarbeiten können. Außerdem befürchtet er eine Benachteiligung von Schülern aus ländlichen Gegenden. "Die Kinder-Uni ist flächendeckend nicht möglich. Schüler, die auf dem Land wohnen, werden zwangsläufig benachteiligt", sagt Kraus. Eine Zusammenarbeit der Universitäten mit den gymnasialen Oberstufen hält er allerdings für sinnvoll.

Den Kindern selbst sind solche Überlegungen egal. "Wir sind seit zwei Jahren zu jeder Vorlesung gegangen. Es macht viel Spaß und ist einfach toll, einmal etwas ganz anderes als in der Schule zu lernen", erzählen zwei der Nachwuchsstudenten in Münster. Auch dem Religionswissenschaftler Berges bereitet die Kinder-Uni viel Freude. "Auch wenn die Vorbereitung für die Kinder-Uni erheblich länger dauert als für eine normale Vorlesung, macht es immer wieder Spaß zu sehen, wie viel die Kinder wissen und wie neugierig sie sind", sagt Berges.

Nach der Vorlesung wird der Theologe umringt wie ein Popstar. Alle wollen ein Autogramm für ihre "Studentenausweise". Wer zehn Mal dabei war, bekommt sogar ein "Diplom". Und nicht nur beim Lernen sind die Knirpse den richtigen Studenten schon sehr ähnlich. Wie im normalen Uni-Alltag kennen auch die Kinderstudenten nach der Vorlesung nur einen Weg: den in die Mensa.

Von Annika Petersen, dpa

Quelle: ntv.de

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