Dossier

Erinnerung an Auschwitz Gedenkzug beendet Reise

"Uwaga Pociag" - "Vorsicht Zug" steht auf einem Schild an den Gleisen der sogenannten Judenrampe bei der Gedenkstätte Auschwitz-Birkenau. Mit einem Schweigemarsch vom Bahnhof Oswiecim zu dieser Rampe vor den Toren des ehemaligen Vernichtungslagers endete am 8. Mai im südpolnischen Oswiecim der "Zug der Erinnerung" offiziell seine sechs Monate lange Reise. Über 225.000 Menschen in ganz Deutschland haben sich die Ausstellung zum Schicksal der Kinder und Jugendlichen angesehen, die von den Nazis zwischen Oktober 1940 und Dezember 1944 in Konzentration- und Vernichtungslager deportiert wurden. Zum 63. Jahrestag des Kriegsendes waren die beiden roten Waggons mit der Ausstellung im südpolnischen Oswiecim angekommen.

Knapp 70 Jugendliche nahmen an der letzten Fahrt des Zuges vom sächsischen Görlitz nach Polen teil. Sie alle hatten sich in den vergangenen Monaten an Projekten der Spurensuche beteiligt. Sie forschten in ihren eigenen Heimatorten nach Erinnerungen an damals deportierte Kinder jüdischer Herkunft oder aus Familien von Sinti und Roma. "So wurden aus unfassbaren Zahlen Gesichter", sagte die Schülerin Luise Rauer aus Berlin bei der Gedenkfeier zum Abschluss des Projektes an der Rampe vor den Toren Birkenaus. Hier in Auschwitz-Birkenau sei ihnen klar geworden, dass Fotos in Geschichtsbüchern nicht so aussehen wie die Wirklichkeit, sagte die Schülerin weiter. Die jungen Leute führen nun mit der "Botschaft des Lebens" nach Hause. Das Interesse der Nazis sei es gewesen, alle Menschen umzubringen, die sie nicht lebenswert befanden. Das sei ihnen nicht gelungen.

Warnung vor Rechtextremismus und Neonazismus

Auch der Direktor der Gedenkstätte Auschwitz-Birkenau, Piotr Cywinski, gedachte an der Rampe der hierher Deportierten, von denen die meisten nie zu ihren Familien zurückkehrten. Romani Rose, der Vorsitzende des Rates der Sinti- und Roma in Deutschland, erinnerte daran, dass auch 500.000 Sinti und Roma dem Holocaust zum Opfer fielen. Er selber habe seinen Großvater in Auschwitz und zwölf weitere Familienmitglieder im Holocaust verloren. Rose warnte vor einem neuen Erstarken des Rechtextremismus und Neonazismus. Sie drohten die Basis der demokratischen Kultur auszuhöhlen.

Bundestagsvizepräsidentin Katrin Göring-Eckardt würdigte den Erinnerungszug bei der Gedenkfeier an den Gleisen als Projekt einer Vereinigung von Bürgerinitiativen. Erinnerung und Aufarbeitung der Vergangenheit dürften keine rein staatliche Angelegenheit sein, sagte die Grünen-Politikerin. Nur mit einer Erinnerung von unten könne die Erinnerungskultur dauerhaft lebendig gehalten werden. Genau für diese Idee stehe der "Zug der Erinnerung". Göring-Eckardt forderte die Deutsche Bahn AG auf, auf die bisher verlangten Gebühren für Trassennutzung und Nebenkosten zu verzichten.

Die polnische Bahngesellschaft PKP unterstützte den Zug nach Angaben der Organisatoren vorbehaltlos. Mit der Deutschen Bahn AG hingegen war es immer wieder zu Streit um das Projekt gekommen. So hatte der Zug im April nicht im Berliner Hauptbahnhof Station machen dürfen, sondern im Ostbahnhof. Für Unmut sorgte auch die Ankündigung des Bahn-Aufsichtsrats, die für das Projekt erhobenen Streckengebühren in Höhe von 100.000 Euro jüdischen Einrichtungen spenden zu wollen.

Der Zug der Erinnerung kehrt am 9. Mai nach Deutschland zurück. Die Ausstellung wird dann abgebaut.

Von Sybille Korte, AFP

Quelle: ntv.de

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