Dossier

Symbol der Franco-Diktatur Gefängnis wird abgerissen

Jahrzehntelang hatte das Carabanchel-Gefängnis in Madrid als eines der bedeutendsten Symbole der Franco-Diktatur in Spanien gegolten. Nun verschwindet das riesige Bauwerk ein für alle Mal von der Bildfläche. Das "Alcatraz von Madrid", in dem unter dem Regime des "Generalsimo" Francisco Franco (1939-1975) zahllose politische Gefangene eingekerkert waren, wird abgerissen. Am Donnerstag vertrieb die Polizei mehrere Roma-Familien, die sich in einem Trakt der seit neun Jahren leerstehenden Haftanstalt niedergelassen hatten. Die Bagger und Planierraupen konnten ihr Werk beginnen.

Der rote Backsteinbau im Arbeiterviertel Carabanchel im Südwesten der spanischen Hauptstadt hatte traurige Berühmtheit erlangt, weil dort führende Gegner des Franco-Regimes inhaftiert waren. Dazu gehörten der langjährige Gewerkschaftsführer Marcelino Camacho, der Sozialist und spätere Justizminister Enrique Mgica, der Kommunistenführer Simn Snchez Montero, der spätere Zentralbankchef Mariano Rojo oder der Autor Fernando Arrabal. Daneben verbüßten Tausende von Bankräubern, Mördern oder kleinen Taschendieben dort ihre Strafen.

Forderung nach Gedenkstätte

Gruppen von Ex-Gefangenen und Anwohnern forderten vergeblich, wenigstens einen Teil der Gebäude zu erhalten und zu einer Gedenkstätte zu machen. "Die Konzentrationslager des Nazi-Regimes in Deutschland oder die Haftanstalt in Südafrika, in der Nelson Mandela während des Apartheidregimes gefangen gehalten worden war, ließ man auch nicht abreißen", betonte Julin Rebollo, Sprecher der Plattform zur Erhaltung von Carabanchel. Die spanische Regierung und die Stadt Madrid bestanden jedoch darauf, den Komplex vollständig dem Erdboden gleich zu machen. Sie wollen auf dem Gelände ein Krankenhaus, Bürogebäude und 650 Wohnungen errichten.

Franco hatte die 20 Hektar großen Grundstücke unmittelbar nach dem Ende des Bürgerkrieg (1936-1939) dem Herzog von Tamames und Galisteo zum Spottpreis von 700.000 Pesetas (4200 Euro nach heutigem Kurs) abgekauft. An der Errichtung der Anstalt mussten über 1000 Kriegsgefangene mitarbeiten. Das Gefängnis war für 2000 Häftlinge angelegt und bestand aus sieben Flügeln, die sternförmig um einen zentralen Wachturm herum gruppiert waren. Zwei dieser Flügel wurden nie ganz fertig gestellt.

Große Gefangenen-Aufstände

Um das Gefängnis ranken sich viele Legenden. Eine davon besagt, dass aufgrund der vielen Ausbruchversuche die Arbeiter beim Abriss des Gebäudes "so viele Löcher wie in einem Schweizer Käse" vorfinden werden. Diese Annahme bewahrheitete sich jedoch nicht. Der steinige Untergrund verurteilte die "klassische Methode" des Tunnelgrabens fast immer zum Scheitern.

Nach dem Ende der Franco-Diktatur sorgte Carabanchel in den 70er Jahren mit großen Gefangenen-Aufständen für Schlagzeilen. Die kriminellen Häftlinge forderten, dass es für sie ebenso wie für die politischen Gefangenen eine Amnestie gab. Die Aufstände wurden von der Polizei niedergeschlagen. 1999 wurden die letzten Insassen in andere Haftanstalten umquartiert. Seither stand das Gebäude leer. Die Zellen und die endlos langen Gänge gammelten vor sich hin.

Quelle: ntv.de

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