Dossier

Hessen gibt CSU zu denken Gerecht oder konservativ?

Das Wahldebakel der Hessen-CDU gibt auch in Bayern zu denken. Acht Monate vor der bayerischen Landtagswahl grübelt die CSU, wie sie Konservatismus und soziale Gerechtigkeit unter einen Hut bringt. Viele in der CSU glauben, der hessische Ministerpräsident Roland Koch (CDU) habe seine hohen Stimmverluste hauptsächlich eigenen Fehlern bei seiner Kampagne zur Ausländerkriminalität zu verdanken. Doch ist die CSU auch unsicher, wie man der in Hessen erfolgreichen Mindestlohn-Offensive der SPD am besten begegnen könnte. Den einen ist die Wirtschaftspolitik der großen Koalition zu links. Die anderen warnen vor einem neoliberalen Kurs.

Hinter vorgehaltener Hand wird in München sogar verhaltener Spott über Koch laut. Die CSU fühlt sich beim Thema Innere Sicherheit in der Position des Marktführers. Dies sei ein ungeeignetes Thema, und das auch noch schwach präsentiert, meint ein bayerisches Kabinettsmitglied über Kochs Kriminalitäts-Kampagne. "Das kann man aus der Regierungsverantwortung heraus nicht machen." Und viele Christsoziale verweisen darauf, dass Koch niedrige Sympathiewerte habe - ganz anders als Bayerns Ministerpräsident Günther Beckstein. "Da haben wir erfreulicherweise eine ganz andere Ausgangslage", sagt ein CSU-Präsidiumsmitglied. Beckstein ist seit Jahren der beliebteste CSU-Politiker im Land, die Partei liegt in Umfragen deutlich über 50 Prozent.

Landespolitik im Vordergrund

Parteichef Erwin Huber will zwar vor der Bundestagswahl 2009 einen Richtungswahlkampf gegen SPD, Linke und Grüne führen - in Bayern aber eine Polarisierung vermeiden. Bundespolitische Themen sollen im Landtagswahlkampf keinen großen Platz haben. "Wir sind im Land so gut, dass wir die Landespolitik absolut in den Vordergrund stellen", gibt Huber die Marschrichtung vor. Beckstein werde als Person sehr stark im Mittelpunkt des CSU-Wahlkampfes stehen. "Unser Hauptziel ist die Mobilisierung der Wähler. Unser Feind könnte ein zu frühes Siegesgefühl sein." Beckstein selbst sagt: "Wir sind in Bayern Regierungspartei, so dass wir hier unsere Politik gestalten und uns nicht in erster Linie von der SPD abgrenzen müssen."

Doch plagt vor allem den Wirtschaftsflügel der CSU Unbehagen, dass die Union in Berlin zu viel von ihrem konservativen Profil aufgebe - und dass dies der Partei auch auf heimatlichem Boden schaden könnte. "Wenn man seine Politik kurzfristig verändert, machen die Wähler das nicht mit", sagt der Wirtschaftsexperte der CSU-Landtagsfraktion, Franz Josef Pschierer. "Beim Thema Mindestlohn müssen wir aufpassen, dass wir nicht Positionen aufgreifen und vermeintlich etwas gewinnen, was uns langfristig schadet." Beckstein sagt kurz und bündig: "Wir dürfen den Linken nicht nachrennen."

Das erforderliche Kunststück aus CSU-Sicht: Wirtschaftskompetenz und Sozialpolitik miteinander zu vereinen. Viele bayerische Gewerkschafter wählen CSU. Landtagspräsident Alois Glück äußerte in der "Süddeutschen Zeitung" harte Kritik an der Schwesterpartei CDU: Es sei "abenteuerlich", dass es in der CDU wieder Leute gebe, die einen wirtschaftsliberalen Kurs fordern. Einseitigkeit sei "der Weg in die Opposition", warnt der Chef der CSU-Grundsatzkommission. Doch ist die Debatte keineswegs nur auf die CDU beschränkt.

Von Carsten Hoefer, dpa

Quelle: ntv.de

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