Schengen mit Polen Glühwein und Würstchen
20.12.2007, 17:19 UhrFür Matthias Platzeck war die deutsch-polnische Grenze schon zwölf Stunden vor dem offiziellen Termin völlig frei: Als Brandenburgs SPD-Ministerpräsident mittags von Schwedt aus in einem Bus über die Oderbrücke gen Osten rollte, musste er schon keinen Personalausweis mehr vorzeigen. Mit der Spritztour nahm der 53-jährige Regierungschef die grenzüberschreitende Buslinie offiziell in Betrieb.
Es folgte eine herzliche Begrüßung durch den polnischen Marschall der Woiwodschaft Westpommern, Norbert Obrycki, der sich Platzecks Reisegruppe samt Gefolge anschloss. Nach 20 Minuten war man wieder auf deutschem Gebiet zurück. Dort stärkten sich die rund 50 Businsassen mit Würstchen und Glühwein. Erst in der vergangenen Woche hatte Obrycki Platzeck in Potsdam besucht. Dort sind Treffen mit polnischen Politikern schon fast zum Alltag geworden.
Polen und acht andere europäische Staaten gehören fortan zum sogenannten Schengen-Raum. Damit entfallen an den Grenzen - für Brandenburg entlang Oder und Neiße - die Personenkontrollen. Pässe müssen erst wieder an den neuen EU-Außengrenzen, der polnischen Ostgrenze, gezückt werden. Bundespolizei und polnischer Grenzschutz verlassen zwar die Übergänge, behalten die Grenzregion aber im Blick.
Stimmung in der Grenzregion zweigeteilt
"Wir überwachen die grüne Grenze und sind am Bahnhof präsent", sagt Jens Schobranski, Sprecher der Bundespolizei in Frankfurt (Oder). "Daran ändert sich nichts." Die Bundespolizei kontrolliere je nach aktueller Lage im 30-Kilometer-Streifen. Deutsche und polnische Beamte gehen weiter gemeinsam auf Streife.
Bundesinnenminister Wolfgang Schäuble (CDU) und der polnische Innenminister Grzegorz Schetyna eröffneten am späten Nachmittag ein deutsch-polnisches Polizei- und Zollzentrum am Autobahn-Übergang an der A 12 bei Frankfurt (Oder). Dort koordinieren künftig deutsche und polnische Beamte Einsätze im gemeinsamen Grenzraum. "Das ist eine große Stunde für Polen und für Europa", sagte Schetyna. Die Grenzen auf dem Kontinent seien im Begriff zu verschwinden.
Die Stimmung in der Grenzregion ist zweigeteilt. Während sich viele über die Öffnung freuen, fürchten Skeptiker eine Zunahme der Kriminalität. Brandenburgs Innenminister Jörg Schönbohm (CDU) ist überzeugt: "Die Lage an der Grenze wird weiterhin sicher bleiben." Der 70-Jährige erinnert an den EU-Beitritt Polens im Mai 2004, als die Zollkontrollen wegfielen - danach habe sich die Lage auch nicht verschlechtert.
Frankfurts Oberbürgermeister Martin Patzelt (CDU) kann die Ängste trotzdem verstehen. Der Präsident der Euroregion "Pro Europa Viadrina" warb deshalb um Vertrauen. "Wir müssen die Entwicklung abwarten." In der Nacht zum Freitag sollte vielerorts entlang der deutsch-polnischen Grenze gefeiert werden - beispielsweise mit Feuerwerk an den Übergängen Frankfurt (Oder) und Küstrin- Kietz/Kostrzyn.
Von Steffi Prutean, dpa
Quelle: ntv.de