Ursula von der Leyen "Gutes Angebot vorgelegt"
09.02.2011, 10:04 UhrDie Gespräche über eine Hartz-IV-Neuregelung sind gescheitert. Koalition und Opposition konnten sich auch in einer weiteren Verhandlungsrunde nicht einigen. Für das Scheitern machten sie sich gegenseitig verantwortlich. Bundesarbeitsministerin Ursula von der Leyen spricht bei n-tv über ihre Sicht der Dinge.
n-tv: Wie wollen sie die nicht zu überhörende Kritik abschütteln, dass wir es hier mit einem Totalversagen der politischen Klasse zu tun haben?
Ursula von der Leyen: "Ich glaube in der Tat, dass Politik jetzt gut daran tut, dass wir am Freitag mit allen Ministerpräsidenten, allen Abgeordnete des Bundestages und des Bundesrates darüber entscheiden, wie wir jetzt weitermachen. Wir haben ein gutes Angebot vorgelegt. Wir haben gesagt: mehr Geld für die Kinder in der Bildung, als Bildungspaket, für die Kinder von Hartz-IV-Empfängern und von Geringverdienern. Wir haben gesagt: Milliardenentlastung für die Kommunen, damit sie dieses Bildungspaket auch gut vor Ort umsetzen können. Drei Mindestlöhne – ich glaube, das ist ein faires Angebot. Wir haben jetzt wochenlang darüber verhandelt und sind sehr weit auf die Opposition zugegangen. Gestern sind die Verhandlungen dann gescheitert, als wieder eine Schippe draufgelegt wurde und gesagt wurde: jetzt auch noch mehr Geld für die Hartz-IV-Bezieher. Man muss dazu wissen, dass wir schon 40 Milliarden für Hartz-IV-Bezieher ausgeben. Und ich glaube, das hilft nicht dem einzelnen Hartz-IV-Empfänger, sondern er oder sie braucht Arbeit, jetzt im Aufschwung. Das heißt, wir wollen gerne, dass jetzt abgestimmt wird, wo wir die Schwerpunkte setzen Ich finde, die Bildung für die Kinder ist das Wichtigste, die Teilhabe, dass sie rauskommen aus Armut, dass sie eine Chance haben im Leben, und vor allen Dingen für die Menschen in Hartz IV, dass die Arbeitslosigkeit beendet wird, dass sie Arbeit bekommen. Darüber wollen wir jetzt am Freitag eine Entscheidung."
Gilt es denn jetzt etwa, das Schwarz-Gelb-Grün-regierte Saarland mit ins Boot zu holen bei der Entscheidung im Bundesrat? Sonst beginnt ja das ganze Spiel von vorne.
"Die Entscheidung müssen alle Ministerpräsidenten treffen, und zwar jeder verantwortlich für sein Land. Ich glaube, es ist eine ganz, ganz große Chance, wenn wir sagen: Bedürftige Kinder in jedem Bundesland kriegen das Schulmittagessen, sie kriegen die Vereinsbeiträge, damit sie mitmachen können in den Vereinen, sie kriegen Lernförderung, wenn sie Probleme haben in den Schulen, es wird ihnen die Monatskarte bezahlt, damit sie zur Schule kommen. Also wirklich eine gute Investition in Bildung. Ich finde den zweiten Punkt ganz wichtig: alle Kommunen im Land, da ist die Kasse eng. Wenn sie jetzt eine Milliardenentlastung kriegen, dann können sie genau das investieren vor Ort, was die Menschen brauchen, was die Kinder brauchen, damit es vor Ort besser geht. Der dritte Punkt sind die Mindestlöhne. Alle wissen, dass wir weit auf die Opposition zugegangen sind. Alle Ministerpräsidenten sind jetzt gefordert, zu entscheiden: Kann Politik diese große Lösung gemeinsam tragen oder geht das Geschacher weiter? Ich bin auch der Überzeugung, dass hier alle gefordert sind. Jeder muss seine Verantwortung übernehmen. Das Angebot ist gut. Wir haben jetzt sieben Wochen verhandelt. Die sechs Wochen davor im letzten Jahr wollte die Opposition mit mir gar nicht sprechen. Jetzt müssen wir auch aus Respekt vor dem Gericht eine Entscheidung fällen, die gut für das Land ist, die gut für die Menschen ist, aber vor allem für die Kinder."
Wenn aber zum Beispiel das Saarland nicht auf dieses Werbungsangebot eingeht, dann muss ja weitervermittelt werden. Nach dem Stand der Prognosen verliert die Bundeskanzlerin ja am Sonntag in einer Woche bei der Hamburg-Wahl drei weitere Stimmen im Bundesrat. Wird Ihre Verhandlungsposition nicht Zug um Zug schwächer?
"Ich glaube, dass es Politik nicht guttut, wenn man damit droht, dass Dauerblockaden gemacht werden, denn so kann ein Land nicht verantwortlich geführt werden. Und alle die, die Verantwortung tragen oder Verantwortung anstreben, müssen auch klar machen, dass sie zunächst einmal an die Menschen denken und dann erst an ihre eigene Parteitaktik. Das Entscheidende für die Menschen ist Arbeit, damit sie auf eigenen Füßen stehen können. Für die Kinder ist entscheidend, dass sie in jungen Jahren merken: Ihr werdet gebraucht, ihr könnt etwas, ihr könnt mitmachen. Der dritte Punkt, der mir wichtig ist: da, wo vor Ort das Leben stattfindet, in den Städten, in den Gemeinden, da wo Vereine und Verbände sind, da wo die Jugendhilfe ist, wo die Menschen auch tatsächlich möchten, dass etwas vorangeht, dort können wir jetzt durch diese gute Lösung viel Geld vor Ort hinbringen, dass es richtig investiert wird, für die Familien, für die Kinder vor Ort. Diese Chance sollten sich verantwortliche Politikerinnen und Politiker nicht entgehen lassen, denn dieses Angebot gibt es jetzt, es gibt es einmal und die Schwerpunkte sind richtig gesetzt. Das ganze Land hat nicht zu viel Geld über, wir sind hochverschuldet. Deshalb sollten wir das knappe Geld, das wir haben, richtig einsetzen – in die Bildung, in die Menschen vor Ort investieren und vor allem auch in Arbeit."
Quelle: ntv.de