Die Nervosität wächst Haftbefehl gegen Al-Baschir?
02.03.2009, 15:56 UhrAnhänger wie Gegner des sudanesischen Präsidenten Omar Al-Baschir blicken voller Spannung und Sorge nach Den Haag. In der "Welthauptstadt des Rechts" will am Mittwoch der Internationale Strafgerichtshof (IStGH) bekanntgeben, ob er gegen Al-Baschir Haftbefehl wegen des Verdachts auf Kriegsverbrechen und Völkermord in der sudanesischen Krisenprovinz Darfur erlässt. Vielerorts wächst die Nervosität. Zwar hat die sudanesische Regierung versprochen, UN-Einrichtungen, Büros von Hilfsorganisationen und Botschaften zu schützen. Doch zugleich hieß es, die Lage könne womöglich nicht völlig kontrolliert werden. Helfer haben geplante Reisen sicherheitshalber verschoben oder ganz abgesagt.
Die Bewegung für Gerechtigkeit und Gleichheit (JEM), die aktivste der verschiedenen Rebellengruppen in Darfur, berichtet, sie habe Informationen über Vorbereitungen paramilitärischer Gruppen für Angriffe auf angebliche Befürworter eines Haftbefehls gegen Al-Baschir. Er wäre der erste amtierende Staatschef, der vom Internationalen Strafgerichtshof unter Anklage gestellt wird. Die nach dem unblutigen Putsch Al-Baschirs in Jahr 1989 gegründeten PDF-Milizen wollten Chaos in der Hauptstadt verbreiten, hieß es.
IStGH ohne Handhabe?
Mohammed al-Amin, einer der Führungspolitiker der regierenden Nationalen Kongresspartei (NCP) Al-Baschirs, verwies darauf, dass der Internationale Strafgerichtshof keine Handhabe habe, einen Haftbefehl durchzusetzen. Die NCP habe eine Reihe von Vorbereitungen getroffen, sagte er sudanesischen Medien. "Wir werden der Welt zeigen, dass wir uns nicht überrumpeln lassen oder eine Einmischung in unsere inneren Angelegenheiten erlauben."
Al-Baschir selbst hat bislang nur Verachtung für den IStGH und dessen Chefankläger Luis Moreno-Ocampo gezeigt. Der Sudan erkenne das Gericht nicht an, betonte er. Dessen Staatsanwalt sieht er als Marionette der USA, die Ermittlungen als Verschwörung des Westens. Doch auch unter westlichen Beobachtern ist ein Haftbefehl gegen Al-Baschir nicht unumstritten. Hilfsorganisationen fürchten, er könne ihre Arbeit für die 2,5 Millionen Flüchtlinge in Darfur erschweren und eine friedliche Lösung des Konflikt unmöglich machen.
Brandstifter als Feuerwehrmann
Bedenken wischt Moreno-Ocampo vom Tisch. Mit Al-Baschir zu kooperieren, von ihm gar eine Friedenslösung zu erhoffen, sei "wie die Einsetzung des Brandstifters als Feuerwehrmann". Starke Worte des Chefanklägers werden gern zitiert. Doch ist Moreno-Ocampos Vorgehen auch juristisch hinreichend abgesichert? Der Rechtsexperte Alex de Waal von der New Yorker "Denkfabrik" Social Science Research Council (SSRC) findet, der Fall sei fachlich gesehen "so wertlos, dass jeder vernünftige Richter ihn verwerfen würde".
Auch daran mag es liegen, dass sich die drei Ermittlungsrichter des IStGH seit der Beantragung des Haftbefehls am 14. Juli 2008 so viel Zeit ließen. Verbrechen gegen die Menschlichkeit und auch Kriegsverbrechen halten sie nach Einschätzung juristischer Kreise noch einigermaßen für beweisbar. Doch der Vorwurf eines von der Regierung Sudans inszenierten Völkermords sei problematisch, meint der britische Ex-Anwalt beim IStGH Andrew Cayley, "wenn man zugleich erklären muss, wieso sich zwei Millionen Darfur-Bewohner in die Nähe von Garnisonen der Regierungsarmee geflüchtet haben".
Nicht wasserdicht nachweisbar
So glauben Beobachter, dass ein Haftbefehl den Vorwurf des Völkermords wohl kaum enthalten würde. Dass der nicht wasserdicht nachweisbar wäre, sollen Ermittler dem Chefankläger längst signalisiert haben. Wenn der Fall platzt, wäre dies schlimm für die Reputation des nach langem Ringen 2002 geschaffenen "Weltstrafgerichts", dessen Anerkennung nicht nur der Sudan, sondern bislang auch so wichtige Staaten wie die USA und China verweigern.
Quelle: ntv.de, Eva Krafczyk und Thomas Burmeister, dpa