Gegenkonferenz in Gaza Hamas zeigt die Zähne
26.11.2007, 16:38 UhrDie radikalislamische Hamas-Organisation zeigt vor der Nahost-Konferenz in Annapolis wütend die Zähne. Erst drohten die Herrscher über den Gazastreifen mit einer neuen Welle der Gewalt in Israel. Dann las der entlassene Ministerpräsident Ismail Hanija am Montag den arabischen Staatschefs die Leviten. Statt an der Nahost-Konferenz teilzunehmen, hätten die "arabischen Brüder" etwas gegen die von Israel verhängte Blockade des Gazastreifens tun sollen, erklärte er.
Auf den ersten Blick sieht Hamas als unerwünschter Teilnehmer und Zaungast der Annapolis-Konferenz wie ein Verlierer aus. Dennoch bleiben die Islamisten einer der größten Stolpersteine auf dem Weg zum Frieden. Ex-Regierungschef Hanija ließ bei einer Gegenkonferenz am Montag in Gaza daran keinerlei Zweifel. Existenzrecht Israels? Fehlanzeige. Nach einem in Gaza unterzeichneten Dokument soll ein Palästinenserstaat vom Jordan-Fluss im Osten bis zum Mittelmeer im Westen, von Ägypten im Süden bis zu Syrien und dem Libanon im Norden reichen. Der Staat Israel wird danach einfach abgeschafft.
Hamas-Führer rufen zum Widerstand auf
Verhandlungen mit Israel seien derzeit nutzlos und die Annapolis-Konferenz sei eine reine Zeitverschwendung, ließ Hanija wissen. Während Annapolis den Grundstein für eine friedliche Lösung des Nahost-Konfliktes legen soll, ruft der Hamas-Führer zum Widerstand auf. Dann folgte die Kampfansage an Palästinenserpräsident Mahmud Abbas. Abbas repräsentiere nicht die Palästinenser und habe keine Autorität in deren Namen zu verhandeln. Deshalb werde sich Hamas auch keinerlei Kompromissen verpflichtet fühlen, sagte Hanija.
Zwar sitzt Hamas während der Annapolis-Konferenz am Dienstag nicht mit am Tisch, aber damit sind die Islamisten noch lange nicht aus der Welt. Israels Ministerpräsident Ehud Olmert wird nach israelischen Presseberichten in Annapolis verlangen, dass die Palästinenser die erste Phase des Nahost-Friedensplanes (road map) auch im Gazastreifen umsetzen müssen, bevor sie einen eigenen Staat bekommen.
Abbas im Dilemma
Und damit steckt Palästinenserpräsident Abbas im Dilemma. Sein langer Arm reicht nicht bis nach Gaza, um dort gegen Terrororganisationen und gewaltbereite Gruppen vorzugehen. Die Hamas übernahm Mitte Juni nach einem blutigen Bruderkampf die Kontrolle im Gazastreifen. Die Kampfeinheiten der Hamas sind nach Darstellung der israelischen Armee inzwischen professionell ausgebildet und bewaffnet. Sowohl ein freiwilliger Abtritt der Hamas-Militanten als auch ein Putsch ohne Hilfe von außen scheinen derzeit aussichtslos.
Deshalb macht ein Szenario in Gaza die Runde. Danach beginnt Israel nach der Annapolis-Konferenz den seit langem angedrohten Militäreinsatz im Gazastreifen, um dem Beschuss mit Kassam-Raketen durch militante Palästinenser ein Ende zu bereiten. Aus Furcht vor gezielten Tötungen würden die politischen Führer der Hamas in den Untergrund abtauchen. Die paramilitärischen Gruppen der Hamas würden in den Häuserkampf ziehen. In dieses politische Vakuum könnte dann die Fatah von Palästinenserpräsident Abbas stoßen und wieder die Kontrolle im Gazastreifen übernehmen.
Droht ungezügelter Extremismus?
Allerdings kann auch alles ganz anders kommen. Sollten die in Annapolis neu gestarteten Friedensverhandlungen zwischen Israel und den Palästinensern im Sande verlaufen oder wie vor sieben Jahren im Streit enden, dann würden radikale Gruppen wie Hamas gestärkt. Die politische Karriere von Abbas wäre zu Ende. US-Außenministerin Condoleezza Rice warnte während ihres letzten Nahost-Besuches davor, dass das moderate Zentrum in der palästinensischen Gesellschaft verschwinden und die junge Generation in einen ungezügelten Extremismus abdriften könnte.
Von Saud Abu Ramadan und Hans Dahne, dpa
Quelle: ntv.de