Dossier

Wahlen in Griechenland Heiße Phase

Vor den Parlamentswahlen am kommenden Sonntag (16. September) ist die Stimmung in Griechenland gedrückt. Das Land trauert um 77 Menschen, die seit Juni bei den verheerenden Waldbränden ums Leben gekommen sind. Und die Griechen sind zornig, weil die Behörden ihrer Meinung nach die Brandgefahr trotz monatelanger Dürre nicht rechtzeitig erkannt haben und die Hilfe im entscheidenden Moment ausblieb. Den Zorn bekommt die seit März 2004 regierende bürgerliche Partei Nea Dimokratia (ND) von Ministerpräsident Kostas Karamanlis besonders zu spüren.

Vor der Brandkatastrophe lagen die Konservativen laut Demoskopen in der Wählergunst deutlich vor den oppositionellen Sozialisten. Nun muss Karamanlis aber um die Mehrheit der Stimmen bangen. 15 Prozent der Wähler sind nach Umfragen noch unentschieden. Damit ist das Rennen wieder völlig offen. Da in den beiden letzten Wochen vor der Wahl keine Umfragen veröffentlicht werden dürfen, blühen die Gerüchte. Mal heißt es, die Nea Dimokratia von Karamanlis liege vorn, dann wollen viele Griechen wissen, die Sozialisten (Pasok) von Oppositionsführer Giorgos Papandreou würden das Rennen machen.

Unklarheit und Schuldzuweisungen

Die gesamte griechische Presse bezeichnet die Wahl als die "undurchsichtigste" aller Zeiten. Es werde einen "Kampf Stimme um Stimme" geben, meinte die linksliberale Athener Zeitung "Eleftherotypia" am Sonntag. Wahlberechtigt sind rund 9,8 Millionen Griechen. Das Wahlgesetz begünstigt die Partei, die bei der Wahl das beste Ergebnis erzielt. Sie bekommt einen Bonus von 40 Sitzen im Parlament. Die anderen 260 der insgesamt 300 Parlamentssitze werden mit der einfachen Verhältniswahl verteilt.

Die Sozialisten machen die Regierung für die Waldbrand-Tragödie verantwortlich. "Die Regierung ist unfähig. Sie konnte die Menschen von den Flammen nicht beschützen. Sie muss jetzt sofort weg", sagt Papandreou bei jeder Gelegenheit. Seine Panhellenische Sozialistische Bewegung sei bereit, die Macht nach einer dreieinhalbjährigen Pause wieder zu übernehmen und das Land aus dieser Krise herauszuführen.

Für die kleineren griechischen Parteien, die Kommunistische Partei Griechenlands (KKE), das Bündnis der Radikalen Linke (SYRIZA) und die religiös-ultrakonservative Völkische Orthodoxe Gesamtbewegung (LAOS) tragen die beiden großen Parteien die Schuld dafür, dass das Land das Flammeninferno erleben musste. Sie hätten Bodenspekulanten nicht das Handwerk legen können, so lautet der Vorwurf.

Patriotismus gewünscht

Premier Kostas Karamanlis setzt derweil auf das Zusammengehörigkeitsgefühl der Griechen. "Was das Land jetzt braucht, ist das, was wir in den letzten Wochen erleben: Einen neuen Patriotismus", sagt er immer wieder. Tatsächlich war nach den Bränden eine riesige Welle der Solidarität unter den Griechen im In- und Ausland registriert worden. Binnen wenigen Tagen wurden mehr als 100 Millionen Euro für die Opfer gespendet. Karamanlis sagt, er selbst sei nach diesen Bränden "ein anderer Mensch" geworden. Er setze jetzt andere Prioritäten. Tatsächlich spricht er immer wieder von einer "nachhaltigen Entwicklung". Ein Thema, das er bisher selten besetzt hatte.

Zugleich kann Karamanlis auf ein Wirtschaftswachstum von 4,1 Prozent verweisen. Die Arbeitslosenquote von 10,5 Prozent (2004) sank auf 7,7 Prozent in diesem Jahr. Und er verspricht für die kommenden Jahre weniger Steuern. Dies sei möglich, weil das Land unter seiner Führung Ordnung in den Finanzen geschaffen habe, betont der Regierungschef.

Von Takis Tsafos, dpa

Quelle: ntv.de

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