Korruption in Europa Hochburg Balkan
24.09.2008, 14:09 UhrRumäniens Arbeitsminister Paul Pacuraru ist in dieser Woche nach Korruptionsvorwürfen seines Amtes enthoben worden. Das war in den letzten dreieinhalb Jahren immerhin der siebte Minister, der unter ähnlichen Anschuldigungen seinen Hut nehmen musste. Vergangene Woche wurden in Kroatien bei der größten Anti-Korruptionsaktion in der Geschichte des Landes 24 Hochschullehrer wegen verkaufter Prüfungen und Diplome festgenommen. Vor zwei Monaten entzog die EU-Kommission dem Neu-Mitglied Bulgarien in einem beispiellosen Schritt eine halbe Milliarde Euro Fördergelder wegen Vetternwirtschaft, Amtsmissbrauch und Schlamperei.
Die Balkanländer sind weiter die Hochburg der Korruption in Europa. Das belegt auch die neue weltweite Korruptions-Rangliste der Organisation Transparency: Kroatien (Platz 62), Rumänien (70), Bulgarien und Mazedonien (72), Serbien, Montenegro, Albanien (85) und Bosnien-Herzegowina auf 92. Platz rangieren weit hinten. In diesen Staaten ist vieles oder fast alles gegen Geld zu haben, das Justizsystem spielt Politikern und zwielichtigen Geschäftsleuten in die Hände, und Rechtsstaatlichkeit wird klein geschrieben. Es gilt die alte Volksweisheit "Bestechung von der Wiege bis zur Bahre".
Alarm in eigener Sache
Die teilweise mit hohem Eigenlob bedachten 17 Großeinsätze gegen korrupte Firmen und Personen in Kroatien seien allesamt im Sande verlaufen, berichtete die Zeitung "Jutarnji list" in Zagreb. Es habe nicht ein einziges Gerichtsurteil gegeben. In Serbien sind die Zeitungen tagtäglich übervoll mit Beispielen der sogenannten Bau-, Zigaretten-, Handels-, Sport, Maut- und Bildungsmafia. Und der von Serbien abgespaltene neue Staat Kosovo wird in der Transparency-Liste erst gar nicht erwähnt. Nach Darstellung ausländischer Organisationen ist der jüngste Staat Europas ein Hort der Korruption rund um den Drogen- und Waffenhandel, den Menschenschmuggel und die Prostitution.
Die oberste serbische Anti-Korruptionskämpferin Verica Barac, die in den letzten Monaten haarsträubende Fälle von illegaler Kungelei der Behörden mit umstrittenen Neureichen angeprangert hatte, hat in eigener Sache Alarm geschlagen. Ihre missliebige Regierungsbehörde solle zugunsten eines neuen Gremiums abgeschafft werden, "das leichter zu manipulieren ist". In Kroatien war beim Schlag gegen die Bildungsmafia die oberste Anti-Korruptionskämpferin, Dese Mlikotin-Tomic, festgenommen worden. Sie leitete zwar den entsprechenden Parlamentsausschuss, soll aber als Professorin an der Wirtschaftsfakultät in den Verkauf von Prüfungen verstrickt sein.
Blagoje Grahovac, Berater des montenegrinischen Parlamentspräsidenten, hat vor einigen Tagen ein düsteres Bild gezeichnet: Der westliche Balkan sei sowohl für die EU und die USA als auch für die Demokratie verloren, weil "gefährliches" und "unsauberes" russisches Kapital mit Hilfe "der alten Geheimdienstkanäle des KGB" Montenegro und Serbien inzwischen fest im Griff habe. "Wir verschenken die Erdölindustrie an die Russen", titelte die Belgrader Zeitung "Blic". Warum Serbien dem russischen Energieriesen Gazprom die Mehrheit am staatlichen Erdölunternehmen NIS für nur 400 Millionen Euro statt für den echten Wert von 1,1 Milliarden Euro verkauft hat, bleibt zunächst ein Geheimnis.
Quelle: ntv.de, Thomas Brey, dpa