Peking und Berlin Irritationen beendet
22.01.2008, 17:44 UhrMonatelang bestimmten schrille und harsche Töne das deutsch-chinesische Verhältnis. Von "schwerer Einmischung in innere Angelegenheiten Chinas" und verletzten Gefühlen des chinesischen Volkes war die Rede nach dem Empfang des Dalai Lama im September durch Angela Merkel im Kanzleramt. Arbeitstreffen wurden abgesagt, unfreundliche Worte ausgetauscht: Die Beziehungen waren auf dem Gefrierpunkt. Seit Dienstag ist dieses Kapitel offiziell abgehakt. Das dokumentierten Außenminister Frank-Walter Steinmeier (SPD) und sein chinesischer Amtskollege Yang Jiechi bei einem Treffen im Auswärtigen Amt gleich zweimal per Handschlag.
Gastgeber Steinmeier sprach rückblickend von nicht ganz einfachen Wochen und Monaten, der Gast aus Peking von einigen Problemen, die es auszuräumen galt. Entschärft wurde die Krise durch eine Vielzahl von Gesprächen und einen diplomatischen Briefwechsel. "Wir haben beschlossen, jetzt nach vorne zu blicken", formulierte Yang, der Steinmeier nicht nur als Außenminister, sondern auch als Vizekanzler begrüßte, das Resultat. Danach lud er Steinmeier - quasi zum Beweis - für Mai nach China ein. Der mit ministeriellem Segen eingeleiteten Normalisierung der Beziehungen gingen viele Gespräche sowie ein diplomatischer Briefwechsel zwischen den Außenministerien voraus.
Darin hatte die deutsche Seite eigentlich nichts wirklich Neues mitgeteilt. Die "Ein-China-Politik", die im Kern eine Ablehnung von Separationsbestrebungen Taiwans oder Tibets enthält, wurde weder von Merkel noch von Steinmeier je infrage gestellt. Auch die wohl in dem Briefwechsel nochmals betonte ablehnende deutsche Haltung gegenüber einem Referendum über eine UN-Mitgliedschaft in dem von China als abtrünnige Provinz angesehenen Taiwan ist nicht neu. Aber das stete Wiederholen von Fakten gehört auch nach Lesart des Kanzleramtes zum diplomatischen Geschäft. Die Wiederholung der deutschen Position war in Peking willkommen: "Diese Haltung (Berlins) weiß die chinesische Regierung hoch zu schätzen", lobte Yang.
Bei dem Minister-Treffen sollte es keine Verlierer und Gewinner geben. Es gab nur kurze Statements. Fragen der "sehr geehrten Journalistenfreunde" (Yang) wurden nicht zugelassen. Und so konnte Steinmeier das Signal verkünden, "dass wir jetzt und mit dem heutigen Tage zur Normalisierung unserer Beziehungen zurückkehren". Im Gegenzug nannte Yang die Voraussetzungen für eine reibungslose Entwicklung der deutsch-chinesischen Beziehungen. Beide Länder müssten im Geist des Respekts und der Gleichberechtigung miteinander umgehen und dürften sich nicht in Angelegenheiten des anderen einmischen. Sprach's und betonte die "tiefe und traditionelle Freundschaft" zwischen Deutschland und China.
Von Zugeständnissen oder gar einem "Kotau" gegenüber Peking wollte in Berlin niemand etwas wissen. Dagegen hätte sich wohl auch die Kanzlerin verwahrt. Merkel hatte zwar vor und nach dem Empfang des Dalai Lama am 23. September immer Deutschlands Interesse an guten Beziehungen zu China betont, aber auch stets klargemacht, dass Partnerschaften Meinungsunterschiede aushalten müssten.
Und so ließ sie Regierungssprecher Ulrich Wilhelm einen Tag vor Yangs Besuch verkünden, dass sie das Treffen mit dem Dalai Lama keineswegs für einen Fehler halte. Ein mögliches neues Treffen ließ Wilhelm offen. Der im Auswärtigen Amt sitzende Menschenrechtsbeauftragte der Bundesregierung, Günter Nooke (CDU), hat indes ein solches Treffen für Mai schon im Kalender eingetragen. Im selben Monat will Steinmeier nach China fliegen.
Von Helmut Reuter, dpa
Quelle: ntv.de