Dossier

Volkspartei völlig sorgenfrei Kambodscha wählt

Bittere Armut, zügellose Korruption, Menschenrechtsverletzungen, Umweltzerstörung, traumatische Vergangenheit - Kambodscha hat mehr als genug Probleme, die Zündstoff für einen lebhaften Wahlkampf geben sollten. Doch steht das Ergebnis der Parlamentswahlen am kommenden Sonntag (27. Juli) so gut wie fest: Es bleibt nach Umfragen alles beim Alten, Hun Sen, der die Geschicke des Landes seit 1985 leitet, wird seine Genossen der Kambodschanischen Volkspartei (CPP) wohl wieder zum Sieg führen.

"Menschenrechte kann man nicht essen", sagt CPP-Wählerin Si Nuon in Pnom Penh. "Wenn die Volkspartei etwas verspricht, tut sie es auch." Tatsächlich blüht die Wirtschaft seit Jahren mit einem durchschnittlichen Wachstum von sechs Prozent im Jahr, 2007 sogar neun Prozent. Zu sehen ist das an den zahlreichen Mercedes- und Großraumlimousinen, die heute durch die Hauptstadt kreuzen. Schillernde Shopping Malls schießen aus dem Boden, die staubigen Straßen sind Parks mit akkurat geschnittenen Hecken gewichen. Doch nur eine kleine Oberschicht profitiert davon. Transparency International zählt Kambodscha zu den korruptesten Ländern der Welt.

Korruption unvermeidlich

Der Tourismus floriert, mit mehr als zwei Millionen Besuchern im Jahr, die vor allem die zum Weltkulturerbe erklärten Tempelanlagen von Angkor Wat besuchen. Die Textilindustrie läuft auch, zahlreiche Multis lassen in Kambodscha Hemden nähen und Schuhe herstellen. 350.000 Menschen arbeiten in den Fabriken, deren Produkte 70 Prozent der Exporte ausmachen. Vor drei Jahren wurden vor der Küste Öl- und Gasvorkommen entdeckt. Die Inflation ist zwar in die Höhe geschossen, aber das ist ein weltweites Phänomen.

"Inflation kann man nicht vermeiden", sagte der langjährige CPP-Abgeordnete Cheam Yeap. "Die Leute wissen, dass das am Ölpreis liegt und damit die Preise weltweit steigen." Korruption sei auch nicht zu vermeiden. "Und trotzdem sorgt unsere Partei für Wachstum. Pessimisten werden uns immer etwas vorwerfen, aber die Leute sind nicht dumm." Die CPP hält zur Zeit 73 der 123 Sitze im Parlament. "Wir haben bei jeder Wahl zugelegt, wir hoffen auf 80 Sitze."

Koalitionspartner schwächelt

Die CPP regierte bislang mit der der Monarchie nahestehenden Funcinpec-Partei, weil die Verfassung eine Zweidrittelmehrheit zur Regierungsbildung vorschreibt. Der Stern der Funcinpec sinkt aber seit Jahren, sie hatte bei den Wahlen 2003 nur noch 26 Sitze. Ihr früherer Vorsitzender, Prinz Norodom Ranariddh, flüchtete nach einer Anklage wegen eines dubiosen Immobilien-Deals ins Ausland. Dort gründete er eine eigene Partei und spaltet damit die Stimmen für die Royalisten. Die oppositionelle Sam Rainsy-Partei (SRP) warb immer mit sozialen Reformen und besserem Schutz der Menschenrechte. Eine neue "Menschenrechtspartei" macht ihr jedoch jetzt die Basis streitig.

kambodschanische Gesellschaft hat sich vom Trauma der Schreckensherrschaft der Roten Khmer noch immer nicht erholt. Unter dem maoistischen Regime, das eine geld- und klassenlose Agrargesellschaft schaffen wollte, kamen zwischen 1975 und 1979 bis zu zwei Millionen Menschen ums Leben. Viele wurden als Verräter gefoltert und ermordet, andere verhungerten. Aufgearbeitet wurde das nie. Erst im vergangenen Jahr wurden die fünf noch lebenden Führungsfiguren festgenommen. Die greisen Männer und eine Frau sind jetzt vor einem gemeinsamen Tribunal der Vereinten Nationen und Kambodschas wegen Verbrechen gegen die Menschlichkeit angeklagt. Die Prozesse sollen in diesem Jahr beginnen.

Bronwyn Sloan und Christiane Oelrich, dpa

Quelle: ntv.de

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