Interview mit Peter Müller "Kein Spielraum für Steuersenkungen"
29.03.2010, 16:00 UhrSaarlands Ministerpräsident Müller hält den Zustand der schwarz-gelben Koalition im Bund für verbesserungswürdig. Im Interview mit n-tv.de erteilt er Steuersenkungen eine Absage: "Die allererste Priorität ist die Konsolidierung der öffentlichen Finanzen."

"Die Gestaltungsräume der Politik in der Wirtschaftskrise sind sehr gering": Ministerpräsident Müller fordert vor allem einen konsequenten Schuldenabbau.
(Foto: picture alliance / dpa)
n-tv.de: Das Erscheinungsbild der Bundeskoalition ist nicht das Beste. Es gelingt offenbar nicht, das Image aufzupolieren.
Peter Müller: Die Zufriedenheit mit der Koalition ist im Moment deutlich verbesserungsfähig und verbesserungsbedürftig. Das hat unterschiedliche Ursachen. Die Gestaltungsräume der Politik in der Wirtschaftskrise sind sehr gering, aber sicherlich ist auch die Koordination zwischen den Partnern nicht optimal. Diskussionen, die natürlich notwendig sind, sollten aber eher intern als öffentlich geführt werden. Dann wird sich das Erscheinungsbild auch wieder verbessern.
Sie sprechen von geringen Gestaltungsmöglichkeit in der Krise. Bleiben die Maßnahmen nicht alle an der Oberfläche. Beispiel: Griechenland hätte die gegenwärtigen Probleme nicht, wenn man etwas gegen die Hedgefonds unternommen hätte. Warum sagt man nicht: Schluss mit den Hedgefonds!
Die Ursachen liegen noch etwas tiefer. Die Hedgefonds konnten überhaupt nur so spekulieren, weil die griechische Regierung in der Zeit davor eine Situation herbeigeführt hatte, die durch fehlende finanzielle Solidität geprägt war. Aber richtig: Daraus haben die Hedgefonds ein Geschäft gemacht. Wir debattieren im Moment darüber, was wir tun können, um die Finanzmärkte stärker zu regulieren. Die Wirtschaftskrise hat eines gezeigt: Markt braucht Ordnung. Fehlende Ordnung führt ins Chaos. Bei der Gestaltung dieser Ordnung muss auch die Frage der Hedgefonds gelöst werden. Das geht nicht national, es geht auch nicht europäisch, sondern nur auf internationaler Ebene. Mich bedrückt, dass die Bereitschaft aus der Krise wirklich Konsequenzen zu ziehen im angloamerikanischen Raum wieder zurückgeht.
Lassen Sie uns zum Bundeshaushalt kommen, dem ja nun auch der Bundesrat zugestimmt hat. Da klafft ein Loch von rund 80 Milliarden Euro. Wie will man das verkraften? Steuersenkungen sind doch weder 2011 noch bis ans Ende der Legislaturperiode realistisch.
Zu diesem Bundeshaushalt, auch zu dieser exorbitant hohen Verschuldung, gab es keine Alternative. Das ist der Krise geschuldet. Aber weil das so ist, muss man jetzt für die Zukunft Prioritäten setzen. Die allererste Priorität ist die Konsolidierung der öffentlichen Finanzen. Das haben wir mit der Schuldenbremse auch so ins Grundgesetz geschrieben. Die anderen Ziele, wie Ausweitung der staatlichen Leistungen im Bereich der Bildung, mehr Netto vom Brutto, was heißt weniger Steuereinnahmen, sind nachrangig. Ich sehe keine Spielräume für Steuersenkungen in der gegenwärtigen Situation.
Und Steuererhöhungen, wie Bundespräsident Horst Köhler es beim Spritpreis vorgeschlagen hat?
Das ist ja nicht die Debatte, die wir im Moment führen. Wir sagen: Im Mai, wenn die nächste Steuerschätzung kommt, werden wir über eine mehr oder weniger großen Steuerreform mit Nettoentlastungseffekten reden. Mein Landeshaushalt könnte so etwas nicht verkraften. Da gibt es keine Luft.
Mit Peter Müller sprach Manfred Bleskin
Quelle: ntv.de