Dossier

"Wenn ich Kanzler würde" Kinder wollen Gerechtigkeit

Kinder dürfen zwar nicht wählen, sie haben aber schon eine recht klare Vorstellung, wie ihr gesellschaftliches Umfeld aussehen soll. Sie sorgen sich vor allem um fehlende Arbeitsplätze, ungerechte Verteilung von Reichtum und Armut, mangelnden sozialen Zusammenhalt, eine außer Takt geratene Umwelt, zu viel Kriminalität und Gewalt. Rund 300 Zehnjährige von Schulen aus ganz Deutschland beteiligten sich mit eigenen Aufsätzen zur bevorstehenden Wahl wieder an dem Projekt "Wenn ich Bundeskanzler/Bundeskanzlerin würde".

Als Initiatorin sammelte die pensionierte Lehrerin Dorothee Hölscher aus Bonn bereits zum vierten Mal vor einer Bundestagswahl an mehreren Schulen bundesweit die Stimmen von Kindern. Die "Bundeskanzler"-Aufsätze mit der Vorgabe "Schreibe, was du denkst oder fühlst" waren freiwillig und sollten auch nicht von Lehrern korrigiert werden. "Das sollte auch ein Spiegelbild der Träume und Wünsche der Kinder sein."

Vor der Wahl 1994 wollten die Kinder vor allem den Rechtsradikalismus abschaffen, dann 1998 den Fünf-Mark-Sprit der Grünen verhindern, und 2002 beschäftigten sie der teure Euro und auch die schlechten Ergebnisse der PISA-Studie am meisten. Dieses Mal steht - wie bei den Erwachsenen auch - bei fast allen Schülern die hohe Arbeitslosigkeit im Blickpunkt.

"Das interessiert uns Kinder zwar im Moment noch weniger, aber wir werden auch erwachsen und brauchen Geld", meint Thomas Forster aus Burglengenfeld (Bayern). "Ich würde dafür sorgen, dass deutlich mehr Arbeitsstellen und Ausbildungsplätze geschaffen werden und dass unsere Firmen nicht ins Ausland auswandern", schreibt Franziska Herrmann aus Stahnsdorf (Brandenburg).

Ins Visier nehmen die Kinder auch häufig eine ihrer Meinung nach ungerechte Verteilung des Wohlstands und das harte Los armer und sozial schwacher Menschen sowie von Obdachlosen. Arme Kinder sollten auch die gleichen "Klamotten" tragen können wie reiche Kinder, findet die zehnjährige Annika aus Berlin. Eine radikale Wohltat für Rentner hat Jonathan aus Heringsdorf auf der Ostseeinsel Usedom parat: "Die alten Bürger können mietfrei wohnen und bekommen auf alle wichtigen Lebensmittel Rabatt."

Auch das Bildungswesen muss nach Ansicht vieler Kinder besser werden. Es müsse vor allem mehr Geld für Erneuerungen von Schulgebäuden und Klassenräumen ausgegeben werden. "Ich würde mehr Lehrer einstellen und dafür sorgen, dass alle Bücher und Hefte umsonst sind", spannt Janine Hütter aus Bremen den Bogen noch weiter.

Schlecht sei es auch, dass in Deutschland "die Bauern hängen gelassen werden und alles aus dem Ausland gekauft wird", meint Daniel Rademacher aus Handeloh (Niedersachsen). "Ich würde dieses Gesetz machen: Das, was Deutschland selbst produzieren kann, wird auch in Deutschland verbraucht. Nur die anderen Sachen, die Deutschland nicht hat, werden gekauft."

Auch Rauchen und Alkohol missfällt vielen Kindern. "Ich würde die Zigaretten viel teurer machen", schreibt Julio Braasch (Hamburg). "Das Rauchen und Saufen müsste verboten werden", bringt Jennifer aus Heringsdorf die Sache auf den Punkt.

Als Kanzlerin würde Ellen aus Berlin nicht nur vieles für die Bürger zum Besseren wenden, sondern es sich auch selbst gut gehen lassen: "Ich würde mir ne coole Karre holen, dazu noch ne Villa. Einen Battler würde ich einstellen. Und Bauchtänzerinnen für die Langeweile."

(Edgar Bauer, dpa)

Quelle: ntv.de

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