Gysi bringt Hessen auf Linie Kopflos in die Wahlen
07.09.2007, 11:44 UhrGregor soll es richten. Zum Listenparteitag der hessischen Linken in Bad Homburg reist der Bundestags-Fraktionsvorsitzende Gregor Gysi aus Berlin an. Der Nothelfer will verhindern, dass die Querelen um die Spitzenkandidatur die Hoffnung auf einen Einzug in den Wiesbadener Landtag endgültig zunichte machen. Aus der Personalie des früheren DKP-Politikers Pit Metz ist ein Kampf an mehreren Fronten geworden: Flügel gegen Flügel in Hessen, Landespartei gegen Bundespartei.
Für die Berliner Bundesführung der Linken um Oskar Lafontaine und Gysi hat die hessische Landtagswahl am 27. Januar 2008 strategische Bedeutung: Hier winkt der erste Einzug ihrer Protestpartei in das Parlament eines westdeutschen Flächenlandes. Ein Erfolg könnte über das Schicksal von Ministerpräsident Roland Koch (CDU) entscheiden, eine bürgerliche Mehrheit aus Union und FDP wäre bei fünf Parteien im Landtag unwahrscheinlich.
Systemwechsel aus der Opposition
Doch die hessische Basis machte der Parteiführung einen Strich durch die Rechnung. Sie ließ Ende August den hessischen Ex-DGB-Vorsitzenden Dieter Hooge als Spitzenkandidat durchfallen, der Stimmen enttäuschter SPD-Wähler einsammeln sollte. Gewählt wurde mit deutlicher Mehrheit Pit Metz, ein Blindenpädagoge und langjähriges DKP-Mitglied, der die Linke strikt in die Opposition im Landtag führen wollte. Er sprach von seinem "solidarisch-kritischen" Verhältnis zur früheren DDR, trat für einen "Systemwechsel zu mehr Demokratie" ein.
Zunächst regte sich Widerstand gegen Metz in einigen hessischen Kreisverbänden. Sein "altkommunistisches Kadergeschwätz" mache die Wahlchancen zunichte, erklärten die Genossen im Odenwaldkreis. Doch auch Berlin war nicht glücklich mit dem Genossen Metz, der den anderen Parteien zu viel Angriffsfläche bot.
Kandidatur ausgeredet
In "freundschaftlichen Gesprächen" wurde ihm die Verantwortung ausgemalt, die er für das Linken-Projekt trage. Das Missfallen versteckte sich hinter Fürsorge. Metz sei "überfordert", so Wahlkampfleiter Bodo Ramelow. Er habe zu wenig Erfahrung mit den Medien, so Gysi. Er hätte "wahnsinnig Nerven beweisen müssen", so der Bundesgeschäftsführer Dietmar Bartsch. Schließlich zog Metz seine Kandidatur zurück.
Das Hickhack um den Spitzenkandidaten dürfte die Wahlchancen der Linken nicht gerade verbessert haben. "Da ist etwas schief gegangen", sagte Gysi am Donnerstag bei einer Klausursitzung seiner Bundestagsfraktion im brandenburgischen Templin. "Wir fanden das alle nicht politisch klug." Auch Bartsch räumte ein, dass erst die Wahl von Metz und dann sein Rücktritt der Öffentlichkeit schwer zu vermitteln sei.
Den anderen Parteien macht der Streit in der Linken den Wahlkampf leichter. Angesichts der schwindenden Aussicht auf Die Linke im Landtag kann die SPD leichter Vorwürfe der CDU kontern, sie strebe trotz allen Leugnens eine rot-rot-grüne Koalition an. Freuen konnte sich auch Regierungssprecher Dirk Metz, dem seine Namensvettern Pit Metz und Horst Metz, Sachsens zurückgetretener Finanzminister, in den vergangenen Tagen Ungemach bereitet hatten. Jetzt müsse er zum Frühstück nicht mehr Schlagzeilen lesen wie "Metz hat Nachhilfe in Demokratie nötig", erklärte er zufrieden.
Von Friedemann Kohler, dpa
Quelle: ntv.de