Das Spitzenduo der Grünen Künast und Trittin
29.02.2008, 17:41 UhrMit Renate Künast und Jürgen Trittin als Spitzenduo für die Bundestagswahl 2009 will die grüne Führungsriege schnell die personellen Weichen in stürmischer Zeit stellen. Fraktions- und Parteispitze verständigten sich darauf, die beiden ehemaligen Minister der rot-grünen Bundesregierung der Partei als Spitzenkandidaten vorzuschlagen. Künast (52) und Trittin (53) sollen Teil eines Wahlkampfteams mit verteilten Rollen, aber möglichst einheitlicher Stimme werden. Indem rasch bewährtes Personal für die neue Spitzenrolle vorgesehen wird, wollen die führenden Grünen lähmende Personaldebatten vermeiden.
Zunächst sind an diesem Montag, nach der bayerischen Kommunalwahl, Bundesvorstand und Parteirat am Zug. Anfang April soll sich mit dem Länderrat ein weiteres Parteiorgan mit der Spitzenpersonalie befassen. Die endgültige Entscheidung bleibt aber der Basis bei der Bundesdelegiertenkonferenz Mitte November in Erfurt vorbehalten. Überraschungen sind hier nicht ausgeschlossen, zumal aus den Ländern immer mal wieder Forderungen nach einem Generationswechsel laut werden. Insofern waren einige in der Parteizentrale verschnupft, als erste Medien von dem internen Einvernehmen berichteten. Den Grünen-Mitgliedern soll keineswegs das Bild vermittelt werden, alles sei bereits in Berliner Hinterzimmern ausgekungelt.
Diskussionen über die künftige Richtung der Partei
Zuvor war die monatelange Einbindung der ganzen Partei im Gespräch gewesen, die per Urwahl über die Spitzenkandidatur hätte entscheiden sollen. Einen Mobilisierungseffekt versprach sich Fraktionschef Fritz Kuhn von dieser Variante. Dagegen sprachen Satzungsprobleme und die Aussicht auf lange interne Debatten. Eine Zerreißprobe über Spitzenämter können die Grünen umso weniger gebrauchen, als sie bei den jüngsten Wahlen teils kräftig Federn lassen mussten. Viele Wähler blieben der Wahl fern oder wanderten zur SPD oder zur Linken ab. Dies befeuert Diskussionen über die künftige Richtung der Partei.
Schon nach der Bürgerschaftswahl in Hamburg ließ Anfang der Woche aufhorchen, dass sich Künast und Trittin ähnlich offen zur heiklen Frage möglicher Bündnisse äußerten. "Was ich wichtig finde, ist, dass wir uns nicht total in Lagern eingraben", sagte Künast. Trittin: "Jeder der bereit ist, mit uns eine Politik der ökologischen Erneuerung und der sozialen Gerechtigkeit durchzusetzen, der ist für uns koalitionsfähig, das gilt für die Linkspartei wie für die CDU." Zuletzt waren beide auffallend um Kooperation bemüht.
Internes Ringen
Der nun anvisierten Lösung ging ein internes Ringen voraus, ob es einen oder zwei Spitzenkandidaten geben soll. Die Parteilinke wollte verhindern, dass mit Künast eine Realpolitikerin allein an der Spitze steht. Neben Trittin als linkem Spitzenkandidaten für die Wahl will nun die linke Parteichefin Claudia Roth im November erneut als Parteivorsitzende kandidieren, hieß es. Parteichef Reinhard Bütikofer werden Ambitionen nachgesagt, sich ebenfalls erneut zur Wahl zu stellen und/oder 2009 nach Brüssel zu wechseln.
Ob Künast und Trittin - wie 2005 noch einmal Joschka Fischer - in einer aufreibenden Bustour durch Deutschland ziehen wollen, ist dem Vernehmen nach noch nicht ausgemacht. Erst Fischer hatte bei den Grünen eine Tradition als Spitzenkandidat begründet, weil er den weitaus größten Zulauf bei Wahlveranstaltungen hatte. 2009 dürfte sich Fischer allenfalls mit einzelnen Gastauftritten einschalten.
Von Basil Wegener, dpa
Quelle: ntv.de