Dossier

Todesangst in Südafrika Martyrium im Erdloch

Die beiden Mädchen in dem zwei mal drei Meter tiefen Erdloch waren völlig verschreckt. Als Polizisten zu ihrer Befreiung anrückten, wagten sich die 14-Jährige und ihre vier Jahre alte Mitgefangene zunächst nicht ans Tageslicht. Nackt, bleich und traumatisiert erklärte die 14-Jährige, ihr Kerkermeister "Colin" sei ein Soldat in geheimer Mission. Er würde sie töten, wenn sie heraus käme. "Dj vu" heißt die nahe gelegene Farm, bei der das Erdloch gefunden wurde -und wie ein schon einmal erlebter Albtraum wirkt die Geschichte, die Südafrikas Öffentlichkeit seit Entdeckung des Erdloch-Martyriums der Kinder in Atem hält. Parallelen zum Fall der jungen Österreicherin Natascha Kampusch drängen sich auf.

Während in der nahe gelegenen Tourismus-Hochburg Hermanus Besucher aus aller Welt in den vergangenen 15 Monaten unbeschwert Urlaub machten, wurde im nahe gelegenen Hemel-en-Aarde-Tal (Himmel-und-Erde-Tal) für zwei Mädchen das Leben zur Hölle. Ein aus Polizeihaft geflohener Serien-Triebtäter hielt sie in dem Kerker gefangen, den er in der Nähe eines Flusses ins Erdreich gegraben hatte. Der Eingang neben einem Birnbaum war mit Ästen und Laub verdeckt. Bilder des Erdlochs zeigen eine von Kerzenwachs bedeckte Flasche, ein Windsurf-Segel, das Sickerwasser abhalten sollte, sowie ein Sofa.

Der Entführer, der die 14-Jährige auch sexuell missbraucht haben soll, hatte sie nach Angaben ihrer Mutter nur einmal täglich mit Zuckerwasser und Süßigkeiten ernährt. Waschen durfte sie sich nicht. Nach bisherigen Erkenntnissen wurde das Mädchen Ende 2005 von der Farm seiner Eltern entführt. Obwohl sie mehrfach Helikopter hörte, habe sie sich aus Todesangst nicht aus dem Loch getraut, erklärte die 14-Jährige später ihrer Mutter. "Sie sprach so leise, dass ich mein Ohr an ihren Mund halten musste, um sie zu verstehen. Wahrscheinlich hat er sie instruiert, so zu sprechen", berichtete die Mutter Journalisten.

Unklar blieb, wie lange die Vierjährige in dem Loch ausharren musste, die die 14-Jährige als "Mama" anspricht. Der festgenommene 31-Jährige hatte zunächst behauptet, Vater des kleinen Mädchens zu sein. Sozialarbeiter haben die unzertrennlich gewordenen Kinder erst einmal gemeinsam untergebracht. Nach Informationen der Zeitung "The Star" war unklar, ob sie wegen einer möglichen Aids-Infektion nun auch antiretrovirale Medikamente erhalten müssen.

Der 31-Jährige hatte nach seiner Flucht aus einer Polizeizelle vor drei Jahren ein Nomadenleben in Bergverstecken geführt und durch Einbrüche und Überfälle überlebt. Er wurde wegen 21 Straftaten -darunter Raub, Vergewaltungung und Einbruch -gesucht. Als er bei Bekannten einbrach, endete seine Flucht. Sie machten ihn betrunken und schläfrig und riefen die Polizei. Beim Verhör gestand er dann die Entführung. Die Eltern der 14-Jährigen erfuhren durch die Abend-Nachrichten von der Entdeckung ihrer Tochter. "Wir konnte es einfach nicht glauben, wir haben geweint vor Freude", sagte ihr Stiefvater.

Von Ralf E. Krüger, dpa

Quelle: ntv.de

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