Dossier

Berlusconi hat das Nachsehen "Mission impossible"

Silvio Berlusconi hat das Nachsehen - zumindest zunächst einmal. Italiens Staatspräsident Giorgio Napolitano hat das Rütteln des Oppositionschefs an den Toren der Macht geflissentlich überhört und den Weg zu sofortigen Wahlen versperrt. Der Sturmlauf des siegessicheren konservativen Ex-Regierungschef ist gescheitert an einem Staatschef, der seinem Land noch eine Chance geben will: Italien soll zunächst durch eine Reform des Wahlrechts regierbarer werden. Dann könnten Neuwahlen in einigen Monaten die Krise nach dem Sturz der Regierung von Romano Prodi endgültig beenden. Berlusconi antwortete so, wie man ihn kennt: Das sei doch alles überflüssig, er bekomme bei Wahlen eine stabile Mehrheit, also ran an die Wahlurnen.

Geschickt haben sich zwei als Mittler bekannte und anerkannte Männer einen Weg ausgedacht, um Neuwahlen hinauszuschieben, bei denen wegen der zersplitterten italienischen Parteienlandschaft wieder nur heikle Bündnisse und unübersichtliche Mehrheiten die Regierung lähmen könnten. Ein "zweckgerichtetes Mandat" legte der Staatschef auf den Schultern des erfahrenen Senatspräsidenten Franco Marini ab. Was der 74-jährige Marini, verhandlungsgestählt nicht zuletzt durch die früheren Jahre als Gewerkschaftsboss, nun leisten soll, ist noch kein voller Auftrag zur Regierungsbildung, geht aber übers reine Sondieren hinaus: Gefragt ist Rückendeckung im Parlament für eine Reform, zu bewerkstelligen dann von einer Regierung Marini.

Maßgeschneiderte Herausforderung

"Marinis Mission impossible." So düster zeichnen Karikaturisten die Bürde, die Napolitano dem Mann der Mitte aufgeladen hat. "Ein verzweifeltes Unterfangen" sieht auch der Mailänder "Corriere della Sera" auf Marini zukommen. Warum "Mission impossible"? Selbst wenn es leichte Aufweicherscheinungen innerhalb des Mitte-Rechts-Lagers gibt, der 71-jährige Medienzar und Milliardär hat sich auf die Anti-Haltung versteift: "Neuwahlen subito" - Neuwahlen sofort. Und Berlusconis Bündnispartner von Umberto Bossis Lega Nord sind auch diesmal in ihrer Wortwahl nicht zimperlich: "Die Mission ist eine Totgeburt." Eine Herausforderung - wie maßgeschneidert für Marini. Oder ist er ein Reiter ohne Pferd?

Erste Pflöcke hat der ebenso zurückhaltende wie hartnäckige Mann aus den Abruzzen bereits eingeschlagen. Um Berlusconi kommt er nicht herum, das weiß er: "Ich werde versuchen, eine breite Mehrheit für eine Reform des Wahlrechts zusammenzubekommen, das Unternehmen kann aber nur angegangen werden, wenn auch Berlusconi mitmacht." Und "Il Cavaliere" sollte doch auch daran gelegen sein, nach einer Rückkehr an die Macht "ohne Ungewissheiten regieren zu können." Die Reform müsste mit einer Sperrklausel nach deutschem Muster die Flut kleiner Parteien eindämmen sowie Wahlsieger noch mit einem Bonus belohnen.

"Ich bin ein seriöser Mensch." Und weil dem so ist, wurde Marini vom Staatschef auserkoren, die Axt an Italiens Parteiendschungel zu legen. Oder es zumindest zu versuchen. Und wenn der Senatspräsident sagt, dass er eine Reform will und dann zum Urnengang gebeten wird, "können alle sicher sein, dass ich dies auch einhalten werde". Ein Datum für vorgezogene Wahlen nach erledigter Wahlrechtsreform - die Legislaturperiode endet 2011 - hat Marini auch schon parat: Der 10. Juni. Das wäre nur knapp zwei Monate später als der Tag, von dem der Oppositionschef für die Neuwahlen ohne Reform geträumt hat. Wie auch immer: Berlusconi bleibt ante portas, ob im April oder erst im Juni.

Von Hanns-Jochen Kaffsack, dpa

Quelle: ntv.de

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