Dossier

Geklaute Identitäten Mord in Dubai wirft Fragen auf

Die Namen in den Pässen der Täter gehören unbescholtenen Israelis. Sie erfuhren aus den Medien von ihrer "zweiten Karriere" beim israelischen Auslandsgeheimdienst und sind nun ratlos, was sie machen sollen.

Die von den Tätern verwendeten Pässe stammten aus Europa.

Die von den Tätern verwendeten Pässe stammten aus Europa.

(Foto: picture alliance / dpa)

"Ich weiß gar nicht, an wen man sich wenden kann, wenn Dir die Identität geklaut wird", sagt erschrocken Paul Killie, der 43 Jahre alte Klempner aus dem Kibbuz Nachscholim. Auch Steven Horse, der Israel seit zwei Jahren nicht verlassen hatte, erfuhr aus dem Fernsehen, dass er angeblich in Dubai war und dort mit elf anderen Personen den Hamas-Waffenhändler Mahmud Al-Mabhuh ermordet haben soll. Michael Bodenheimer studiert im ultraorthodoxen Viertel Bnei Brak bei Tel Aviv in einer ultraorthodoxen Hochschule und soll ebenfalls in Dubai dabei gewesen sein. Auch ein Physiotherapeut aus dem Jerusalemer Hadassah-Hospital erfuhr aus den Medien von seiner "zweiten Karriere" im israelischen Auslandsgeheimdienst Mossad - ohne davon zu wissen.

Seit dem mysteriösen Mord an dem Hamas-Mann, für den sich bisher niemand verantwortlich gezeichnet hat, gehen wildeste Gerüchte über die wahre Identität der Täter um. Der Polizei von Dubai war es anhand von Sicherheitskameras auf dem Flughafen und im Hotel gelungen, den Tathergang Minute für Minute zu rekonstruieren. Die Täter und ihr Opfer Al-Mabhuh wurden nach ihrer Landung und im Hotel gefilmt.

Vom rasierten Mann zum Bartträger

Deren unter anderem britische und irische Pässe wurden nach der Ankunft eingescannt. Die Briten erklärten schon, die Pässe seien "gefälscht", auch die Iren fanden weder die Namen noch die Pässe in ihren Registern. Unklar ist, was genau gefälscht war - ob nur die Bilder ausgetauscht worden sind. Auch wie die Namen und anderen Angaben der unbescholtenen israelischen Bürger für die Geheimdienstoperation benutzt werden konnten, ist noch nicht geklärt.

Die Sicherheitskameras hatten gefilmt, wie die Gruppe in das Hotel Bustan Rotana eincheckte, sich offenbar absprachen, das Zimmer Nr. 230 von Al-Mabhuh erkundeten und sich als Tennisspieler verkleideten. Einer der mutmaßlichen Mittäter verschwand für ein paar Augenblicke in der Toilette. Als er wieder vor der Tür des Fahrstuhls auftauchte, war der eben noch glattrasierte Mann ein Bartträger.

Koordination von Österreich aus

Während sich der Polizeichef von Dubai nicht festlegen wollte, welcher fremde Geheimdienst die offenbar gut geplante Mord-Operation ausgeführt hat, verdächtigte die Hamas in den vergangenen Tagen die palästinensische Autonomiebehörde in Ramallah. Zwei Palästinenser wurden als Helfer des Mordkommandos verdächtigt. Jordanien hatte die beiden schon am Dienstag an Dubai ausgeliefert. Nun nahm die Hamas ihre Behauptungen zurück, und entschuldigte sich wegen der fälschlichen Anschuldigung.

Die elf Täter, zehn Männer und eine Frau, sollen per Satellitentelefon miteinander kommuniziert haben, heißt es. Die Aktion am 19. Januar sei von Österreich aus koordiniert worden. Die Polizei von Dubai habe die Telefongespräche mitgeschnitten und SMS-Mitteilungen abgefangen. Die Mörder seien von Dubai aus nach Deutschland ausgeflogen. Sie konnten ungehindert abreisen, weil die Leiche Al-Mabhuh erst am nächsten Morgen vom Zimmermädchen gefunden wurde. An dessen Hoteltür hing das Schild "Bitte nicht stören".

Mossad oder nicht?

Auch wenn das offizielle Israel schweigt, halten es Terrorexperten der israelischen Medien für erwiesen, dass dies eine Aktion des Mossad gewesen sein muss. Jedoch wirft der Diebstahl der Identität israelischer Bürger Fragen auf. Es sei höchst unwahrscheinlich, dass der Mossad die Namen unschuldiger Israelis missbrauche und diese durch die Verwendung in den gefälschten Pässen in Lebensgefahr bringe. Ein Experte verwies im Rundfunk darauf, dass in der Vergangenheit die Hisbollah im Libanon israelische Ausweispapiere gefälscht habe. Sie habe behauptet, israelische Soldaten entführt zu haben und im Fernsehen deren Ausweise vorgezeigt. Jedoch stellte sich heraus, dass die vermeintlich gekidnappten Soldaten wohlauf und in Israel waren. Es könne durchaus sein, dass die noch unbekannten Täter bewusst die Namen israelischer Bürger verwendeten, um den Verdacht auf den Mossad zu lenken.

Die Israelis, deren Namen in den gefälschten Pässen der mutmaßlichen Mörder von Dubai standen, wissen nicht, ob sie jemals wieder ins Ausland reisen können und an wen sie sich wenden sollen, um zu beweisen, dass sie es nicht waren und nicht einmal ihre Pässe verwendet wurden.

Quelle: ntv.de

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