Dossier

Fähnchen nach dem Wind? Netanjahu feiert 60. Geburtstag

Seit Februar 2009 hat Netanjahu zum zweiten Mal das Amt des Ministerpräsidenten inne.

Seit Februar 2009 hat Netanjahu zum zweiten Mal das Amt des Ministerpräsidenten inne.

(Foto: dpa)

In seiner ersten Amtszeit vor einem Jahrzehnt wurde Benjamin Netanjahu als bislang jüngster Ministerpräsident Israels bekannt. Doch inzwischen ist der Spitzenpolitiker, dessen Markenzeichen immer seine Jugendlichkeit war, in die Jahre gekommen: Am 21. Oktober feiert der heute weißhaarige Regierungschef seinen 60. Geburtstag. Politisch sitzt der in Tel Aviv geborene Vorsitzende der rechtskonservativen Likud-Partei mehr als ein halbes Jahr nach Beginn seiner zweiten Amtszeit fest im Sattel. Entgegen allen Unkenrufen erwies sich seine umstrittene Rechtskoalition bislang als krisenfest.

Netanjahu hat angesichts seiner Weigerung, einem vollständigen Siedlungsstopp in den Palästinensergebieten zuzustimmen, immer wieder mit heftiger internationaler Kritik zu kämpfen. Doch er gefalle sich ohnehin am besten in der Rolle des "Strafverteidigers des Staates Israel" gegenüber dem Rest der Welt, schrieb die Zeitung "Haaretz" zuletzt. Angesichts des internationalen Wirbels um den Goldstone-Bericht zum jüngsten Gaza-Krieg, der Israel und der dort herrschenden Hamas Kriegsverbrechen vorwirft, wird der eloquente Redner wohl auch in Zukunft häufig Anlass zu entsprechenden Auftritten haben.

Auf Iran-Frage konzentriert

Weil er eine Siedlungsstopp in den Palästinensergebieten ablehnt, wird er unter anderem von Obama kritisiert.

Weil er eine Siedlungsstopp in den Palästinensergebieten ablehnt, wird er unter anderem von Obama kritisiert.

(Foto: picture-alliance/ dpa)

Nach Ansicht des ehemaligen israelischen Unterhändlers Dov Weisglass ist Netanjahu im Bemühen gescheitert, "den israelisch-palästinensischen Konflikt von der internationalen Tagesordnung zu streichen" und stattdessen eine Konzentration auf die Iran-Frage zu bewirken. "Jedermann sieht den (Nahost-)Konflikt als Ursache der meisten Übel in der diplomatischen Welt und jedermann will, dass er so schnell wie möglich gelöst wird", schrieb er in einem Kommentar.

Mit seiner grundsätzlichen Akzeptanz einer Zwei-Staaten-Lösung in Nahost hat Netanjahu sich allerdings politisch weiter bewegt, als von einem rechtsgerichteten Ministerpräsidenten erwartet worden war. Damit hat er auch seiner linken Opposition unter Führung der ehemaligen Außenministerin Zipi Livni etwas den Wind aus den Segeln genommen. Für sie wurde es nun schwieriger, eine echte Alternative anzubieten, obwohl der Nahost-Friedensprozess faktisch stagniert.

Nichts erreicht - nur politisch überlebt?

Livni hatte zu Beginn von Netanjahus Amtszeit eine "aktive Opposition" angekündigt. Sie warf ihm vergangene Woche bei der Eröffnung der Winter-Periode im Parlament vor, er habe bislang außer politischem Überleben nichts erreicht. Dennoch ist die 51-Jährige in den vergangenen Monaten erheblich weniger präsent auf der politischen Bühne.

Dass Netanjahu den Nahost-Friedensprozess vorangebracht hat, wird von vielen angezweifelt.

Dass Netanjahu den Nahost-Friedensprozess vorangebracht hat, wird von vielen angezweifelt.

(Foto: dpa)

Kritiker werfen Netanjahu auch vor, sich im Bemühen um Popularität zu sehr auf Meinungsumfragen zu verlassen und dann das Fähnchen nach dem Wind zu hängen, anstatt selbst eine politische Linie vorzugeben. Über seine Gesundheit hält Netanjahu die Öffentlichkeit auf dem Laufenden und gibt dabei auch sehr persönliche Einzelheiten preis: Zu Monatsbeginn wurde offiziell mitgeteilt, der Regierungschef habe sich erfolgreich einer Darm- und Blasenspiegelung unterzogen, die Befunde seien normal.

Im Kampf um die Gunst der Israelis lässt Netanjahu keine Gelegenheit aus: Vergangenen Monat lud er Popdiva Madonna zu einem traditionellen Freitagsabendessen in sein Haus in Jerusalem ein. Gemeinsam mit Netanjahus Frau Sara habe der US-Star dabei feierlich Sabbat-Kerzen angezündet, hieß es später. Damit konnte er Rivalin Livni ausstechen, die sich mit einem Treffen mit Madonna im Restaurant zufrieden geben musste.

Netanjahus schönstes Geschenk zum runden Geburtstag sei allerdings, dass seine älteste Tochter Noa ihm vor wenigen Wochen seinen ersten Enkelsohn bescherte, schrieb die Zeitung "Jediot Achronot". Damit umspannt seine Familie jetzt vier Generationen: Bei der Beschneidungszeremonie hielt Netanjahus Vater, der fast hundertjährige Historiker und Judaist Benzion Netanjahu, den Säugling auf den Knien.

Quelle: ntv.de, Sara Lemel, dpa

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