Dossier

Staatsbesuch in Russland Obama und die kalten Krieger

Es sind nur noch wenige Tage, bis US-Präsident Obama nach Moskau reist. Ihm steht eine schwierige Aufgabe bevor: Er will der russischen Staatsführung klarmachen, dass "der Kalte Krieg vorbei ist".

Obama steht eine schwierige Aufgabe bevor.

Obama steht eine schwierige Aufgabe bevor.

(Foto: REUTERS)

Diesmal kann sich der Gast aus Washington eines freundlicheren Empfangs sicher sein. Als Barack Obama im August 2005 als Mitglied einer Senatsdelegation erstmals Russland besuchte, hielten Provinzbeamte die US-Senatoren am Flughafen der Ural-Stadt Perm drei Stunden fest, um in aller bürokratischen Gründlichkeit die Reisedokumente zu prüfen. Am Montag kommt Obama als US-Präsident zurück, der Kreml wird ihn prunkvoll empfangen. Russlands tiefes Misstrauen aber ist geblieben, es prägt die Beziehungen, die für die Sicherheitsarchitektur in Europa entscheidend sind.

Obamas Mitarbeiter im Weißen Haus bemühen sich gar nicht erst, die Lage schönzureden. "Es gibt ein großes Problem in den amerikanisch-russischen Beziehungen", urteilt Michael McFaul, der Russland-Berater des US-Präsidenten. Argwohn und Konkurrenzdenken seien im Kreml so mächtig, dass sie einen Neuanfang in den Beziehungen zu Washington blockierten. "Die USA werden als Gegner betrachtet", sagt McFaul. Der Kreml glaube, "dass es unser oberstes Ziel sei, Russland zu schwächen und Russland einzukreisen."

Potenzielle Konflikte

Der Argwohn auf russischer Seite ist groß.

Der Argwohn auf russischer Seite ist groß.

(Foto: picture-alliance/ dpa)

Das Misstrauen wurzelt in einer langen Geschichte der Rivalität, die sich in den vergangenen Jahren erneut verschärfte. Nur widerwillig nahm Kreml-Chef Wladimir Putin die Ausdehnung der NATO bis an Russlands Grenzen hin. Eine Mitgliedschaft der Ex-Sowjetrepubliken Georgien und Ukraine lehnt Russland rundweg ab, ebenso die Stationierung einer US-Raketenabwehr in Osteuropa. Russland intensiviert derweil demonstrativ seine Beziehungen zu USA-Gegnern wie Iran, Kuba und Venezuela. Überall lauern also potenzielle Konflikte.

Nach Moskauer Sicht der Dinge stehen die USA dem Prestigeprojekt von Ministerpräsident Putin und Präsident Dmitri Medwedew im Wege. Nach dem demütigenden Niedergang der Sowjetunion wollen sie Russland wieder als Großmacht etablieren. Ihr Anspruch auf eine russische Interessensphäre in Osteuropa, im Kaukasus und in Zentralasien kollidiert freilich laufend mit den Interessen der USA.

"Der Kalte Krieg ist nicht zu Ende"

Am Dienstag kommt Obama mit Ministerpräsident Putin zusammen.

Am Dienstag kommt Obama mit Ministerpräsident Putin zusammen.

(Foto: AP)

Im Krieg gegen den US-Verbündeten Georgien im August 2008 demonstrierte Russland seine Bereitschaft, seine Politik der Einflusssphären notfalls durch militärische Eskalation durchzusetzen. Auch rhetorisch hält sich Moskau nicht zurück. "Der Kalte Krieg ist auf dem Weg zu einem Ende, er ist aber noch nicht zu Ende", warnte Konstatin Kosatschjow, der Chef des Außenausschusses im russischen Parlament, wenige Tage vor Obamas Besuch.

Das Gespenst des Kalten Kriegs will Obama austreiben, indem er Moskau die Zusammenarbeit anbietet etwa bei Terrorbekämpfung oder Energiesicherheit. Einen ersten Erfolg erhofft er sich im Bereich Abrüstung, die er nach jahrelangem Stillstand neu beleben will. Im Dezember läuft der START-I-Vertrag aus, der die Zahl nuklearer Sprengköpfe auf beiden Seiten auf 6000 begrenzt. Obama will diese Zahl in einem Nachfolgeabkommen weiter verringern. Der Haken: Russland will nur dann abrüsten, wenn die USA auf die Raketenabwehr in Osteuropa verzichten oder diese gemeinsam mit Moskau aufbauen.

Obama wird also brillant verhandeln und Zugeständnisse machen müssen, wenn er am Montag mit Medwedew und am Dienstag mit Putin zusammenkommt, den viele in Washington als wahren Machthaber in Russland ansehen. Auf Obamas Wunschliste steht außerdem die Mithilfe Moskaus im Umgang mit den Atomambitionen des Iran und Nordkoreas. Obamas Visite wird ein Balanceakt, prophezeit Russland-Experte Andrew Kuchins vom Center of Strategic and International Studies (CSIS) in Washington. "Putin fühlt sich ständig vom Westen gedemütigt", sagt Kuchins. "Das macht ihn nicht gerade zu einem einfachen Gesprächspartner."

Quelle: ntv.de, Peter Wütherich, AFP

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