Strom für eine Großstadt Off-Shore-Projekt in Holland
26.08.2007, 13:17 UhrSpindeldürr ragen 36 hellgraue Masten über den Horizont. Vom niederländischen Badeort Egmond aan Zee ist der weltweit drittgrößte Windpark auf dem Meer allerdings nur an sehr klaren Tagen zu sehen. Ohne raumgreifende Zerstörung von Wald und Flur kann dort der Strom für eine Stadt mit 200.000 Einwohnern produziert werden - fast lautlos und unbemerkt, 10 bis 18 Kilometer von der Küste entfernt. Auch in Deutschland sollen die so genannten Off-Shore-Anlagen weit aus der Sichtweite von Küstenbewohnern und Urlaubern bleiben. Bisher existieren sie aber nur auf dem Papier.
Bei typischem Nordseewetter, wolkenverhangen und grau, werden die Dimensionen der seit Jahresanfang arbeitenden niederländischen Anlage erst aus der Nähe erkennbar. In vier schnurgeraden Reihen erheben sich die Pfeiler aus der unruhigen See. Die Gondel, die den Rotor hält, ist 75 Meter über dem Wasser, ein nach oben weisendes Rotorblatt erreicht eine Höhe von 115 Meter. Die vier Reihen haben jeweils einen Abstand von einem Kilometer, die Windräder in jeder Reihe sind 630 Meter voneinander entfernt. Der gesamte Windpark ist für Schiffe gesperrt - auch Fischkutter haben sich fern zu halten.
Der Ort in der scheinbar grenzenlosen See war sorgfältig ausgesucht worden. "Es sieht aus wie das offene Meer, aber Militärübungen, Schifffahrtslinien, Gas- und Ölleitungen und anderes machen es hier eng", erklärt Huub von Rooijen, Direktor der Firma Noordzeewind. In deren kleinem Büro im Hafen von IJmuiden arbeiten Experten des Öl-Giganten Shell und des Stromlieferanten Nuon zusammen, um die Chancen der Windenergie zu erproben.
Subventionen vom Staat
"Bei Windstärke sieben kommen wir auf die volle Leistung", erläutert van Rooijen in einem schwankenden Boot unterhalb der Masten. Aber schon Windstärke fünf mit eineinhalb Meter hohen Wellen gibt einen Eindruck von der gewaltigen Belastung für die Windräder. Besonders stabile Fundamente und Schutzanstriche sollen dafür sorgen, dass die Anlage in der aggressiven Umgebung ihre angepeilte Lebensdauer von 20 Jahren erreicht.
Der Aufwand macht einen Windpark auf hoher See eigentlich unrentabel. An Land wäre alles um die Hälfte billiger. Deshalb greift der niederländische Staat den Firmen unter die Arme: Er beteiligte sich mit 27 Millionen Euro an den Investitionen von insgesamt 200 Millionen Euro. Außerdem subventioniert er in den ersten zehn Jahren jede Megawattstunde Strom mit 97 Euro. "Ohne Subventionen ginge es nicht, aber der "saubere" Strom wird gewünscht und deshalb wird die finanzielle Unterstützung gegeben", meint van Rooijen. Auch in Deutschland drängen die Lobbyisten der Windenergie auf höhere Subventionen.
Folgen für Vögel und Fische
Weiteres Geld fließt in begleitende Forschung. Umweltschützer befürchteten Folgen für Vögel und Fische, weshalb unabhängige Wissenschaftler das Projekt begleiten. Bislang wurden keine schädlichen Auswirkungen bekannt, Optimisten gehen sogar davon aus, dass das Fangverbot in dem Windpark gut für die Fischbestände ist.
Da es sich auch um eine Versuchsanlage handelt, war die Kapazität von Anfang an auf etwa 100 Megawatt beschränkt worden. Doch die Energiekonzerne haben längst Größeres im Sinn: Vor der britischen Küste bei der Themse-Mündung soll in den nächsten Jahren ein Windpark mit einer Leistung von 1.000 Megawatt entstehen - gut für die Versorgung eines Viertels des Großraums London. Shell ist wieder mit dabei - diesmal im Verein mit der britischen Tochterfirma des Düsseldorfer Energieriesen E.ON.
Von Thomas P. Spieker, dpa
Quelle: ntv.de