Politiker am Ziel Präsident Gül
28.08.2007, 11:29 UhrAbdullah Gül ist am Ziel: Die türkischen Abgeordneten haben den stark islamische geprägten Außenminister ins höchste Amt des strikt säkularen Staats gewählt. Güls erster Anlauf hat die Türkei vor wenigen Monaten in eine tiefe innenpolitische Krise gestürzt.
Der 56-jährige promovierte Volkswirt gehört der religiös-konservativen Regierungspartei AKP an, die als große Siegerin aus der vorgezogenen Parlamentswahl im Juli hervorgegangen ist. Gül ist Mitbegründer der AKP und war Funktionär ihrer islamischen Vorgängerparteien. Deshalb betrachten die laizistischen Eliten und die Armeeführung nicht nur Ministerpräsident Tayyip Erdogan, sondern auch Gül mit Misstrauen. Sie haben Gül im Verdacht, die Türkei vom höchsten Staatsamt aus einer schleichenden Islamisierung unterziehen zu wollen. Als Präsident ist er zudem Oberbefehlshaber der Armee, die sich als Hüterin der von Staatsgründer Mustafa Kemal Atatürk eingeführten Trennung von Religion und Staat versteht.
Weltoffener Handwerkersohn
Gül ist ein enger Gefolgsmann von Ministerpräsident Erdogan, dem er zeitweise sogar als Platzhalter diente. Weil Erdogan in Folge einer Verurteilung wegen Volksverhetzung bei der Parlamentswahl 2002 nicht kandidieren durfte, übernahm Gül für den AKP-Vorsitzenden das Amt des Regierungschefs. Nach der Aufhebung des Politikverbots für Erdogan machte Gül im Jahr darauf bereitwillig Platz.
Der in Zentralanatolien geborene Sohn eines Handwerkers ist weltoffener als der Regierungschef. Gül war Wirtschaftsprofessor an der Marmara-Universität in Istanbul und spricht dank Studienaufenthalten in Exeter und London fließend Englisch. Als Außenminister hat er sich zudem erfolgreich um Verhandlungen über die Aufnahme der Türkei in die Europäische Union (EU) bemüht. In der EU ist er als entschiedener Reformer respektiert.
Der türkische Kopftuchstreit
Misstrauen und Kritik entzündeten sich aber nicht zuletzt an der Tatsache, dass seine Frau eine Verfechterin des islamischen Kopftuchs ist. Sie klagte sogar vor dem Europäischen Gerichtshof für Menschenrechte, weil das symbolhafte Kleidungsstück an den staatlichen Universitäten der Türkei nicht getragen werden darf.
Quelle: ntv.de