Drohung oder Versprechen? Pressestimmen zur Platini-Wahl
27.01.2007, 14:14 UhrDie Wahl von Michel Platini zum neuen Präsidenten der UEFA ist in den europäischen Medien auf ein geteiltes Echo gestoßen. Während einige Zeitungen auf Reformen hoffen, sehen andere den Fußball vor einer ungewissen Zukunft.
ENGLAND
"Daily Telegraph": Am Ende haben nicht große Nationen wie England über seine Wahl entschieden. Es waren Europas kleine Fische, die Platini unterstützt haben, ermutigt durch sein Versprechen, die Zahl der Teilnehmer an der Europameisterschaft von 16 auf 24 zu erhöhen.
"Independent": Mit Platinis Sieg droht England der Verlust seiner automatischen vierten Qualifikation für die Champions League.
"Guardian": Seine Feinde sammeln sich noch. Zwar hatten einige der wichtigeren Verbände auf Platini gesetzt, aber dies heißt nicht, dass die Clubs in England, Spanien und Italien es akzeptieren werden, künftig nur noch drei statt vier Mannschaften in der Champions League zu haben.
FRANKREICH
"L'Equipe": Das ist der Sieg eines jungen Mannes (51), der seine Qualitäten als Athlet nicht verloren hat, den Willen, die Hartnäckigkeit und den Geschmack an der Konfrontation - und der damit auch noch Gefallen findet an der Unsicherheit, dem Risiko, dem Sinn für Freiheit und der Passion. Indem Platini er selbst geblieben ist, was eine starke Leistung ist, hat er sich durchgesetzt.
"L'Alsace": Platini ist ein Mann, der auf den Treffen der wichtigsten internationalen Instanzen genauso prompt zu reagieren versteht wie früher auf den Fußballfeldern. Von allen Großen dieses Planeten zu seiner Wahl beglückwünscht, wird er von jetzt an allerdings aufpassen müssen. Denn alle liegen nun auf der Lauer.
"La Montagne": Jetzt also im Chefsessel sitzend wird es die Aufgabe von Michel Platini sein, alle jene nicht zu enttäuschen, die an ihn glauben und ihn gewählt haben. Angesichts der Gegenmacht sowie des Drucks der TV-Ketten wird Platini einen neuen Kampf beginnen müssen, um seine Ideen nun durchzusetzen. Sein schönster Sieg liegt vor ihm.
"Le Parisien": Platini Präsident. Ein Wind der Erneuerung weht durch die Fußballwelt. Der dreifache Fußballer des Jahres hat den Ehrgeiz, den Werten dieses Mannschaftssportes wieder Geltung zu verschaffen.
NIEDERLANDE
"Telegraaf": Während FIFA und UEFA jetzt wieder in einem Bett schlafen, liegt die Einheit innerhalb des europäischen Fußballbundes in weiter Ferne. Es wird befürchtet, dass Platini an Blatters Hand geht, wodurch die UEFA zu einer Edelfiliale der FIFA würde.
"Volkskrant": Mit der Wahl Platinis zum UEFA-Präsidenten ist eine Verschiebung zu erwarten: Der Nachdruck wird mehr beim Fußball selbst liegen und weniger bei seiner wirtschaftlichen Verwertung.
"Trouw": Ältere Funktionäre betrachten den 51-jährigen Platini nicht nur als zu wenig erfahren, sondern -schlimmer noch -als nicht fähig. Zum Beispiel stelle er die Dinge zu einfach dar, wenn er sage, der Fußball müsse wieder seine eigenen Gesetze aufstellen können -als gäbe es keine verbindlichen europäischen Regeln.
SCHWEDEN
"Svenska Dagbladet": Johansson wurde von Platini ausgetrickst. Der hat beim chronisch schummelnden Juventus Turin gespielt und weiß, wie man Finten schlägt. Platini lebt immer noch von seinem Ruf als Spieler.
"Dagens Nyheter": Die Waffenbrüder Platini und Blatter von der FIFA haben ihr Ziel erreicht. Der Fußball steht vor einer ungewissen Zukunft.
SCHWEIZ
"Basler Zeitung": Blatters Schule, Blatters Mann. Die Mutmaßung, Joseph Blatter schlage sich stets auf die richtige Seite, hat sich gestern in Düsseldorf wieder einmal bewahrheitet: Knapp entschied Michel Platini die Wahl um den Präsidentenstuhl der Europäischen Fußball-Union für sich. Der Franzose ist der Erste, der eine Kampfabstimmung gegen einen amtierenden Präsidenten gewonnen hat. Das wäre ohne Blatter als Steigbügelhalter nicht möglich gewesen.
"Neue Zürcher Zeitung": Blatters Handschrift. Das Mehrheitsvotum für den vermeintlichen Fußball-Revolutionär aus Lothringen basiert nicht zuletzt auf dem nicht uneigennützigen Zuspruch Sepp Blatters, durch dessen Lehre der neue UEFA-Präsident mit Neugier gegangen ist. Der allmächtige FIFA-Obmann hat, im scharfen Kontrast zu seinem unbequemen Gegenpart, eine weitere Runde für sich gebucht -es wird nicht die letzte gewesen sein.
SPANIEN
"Marca": Platini hat Johansson den Stuhl weggeschnappt. Seine Wahl bedeutet einen Generationenwechsel in der UEFA. Mit seinen Reformen will er kleineren Ländern zu Gute kommen.
"As": Für Platini war es der zweite große Triumph seines Lebens. Als einziger Spieler war er drei Mal hintereinander zum besten Fußballer Europas gekürt worden, nun hat er als erster in der Geschichte eine Wahl gegen den amtierenden UEFA-Präsidenten gewonnen.
"El Pas": Platinis Wahl lässt große Veränderungen in der UEFA erahnen. Die Wahl hat aber auch die große Spaltung des europäischen Fußballs unter Beweis gestellt.
Quelle: ntv.de