Dossier

Auf politischen Abwegen Promis wählen Bundespräsidenten

Für die Bundespräsidenten-Wahl entsenden die Parteien traditionell neben Politprofis auch Prominente. Besonders der Sport steht dieses Mal im Fokus.

Für die CDU nehmen Olympiasieger Georg Hettich, ...

Für die CDU nehmen Olympiasieger Georg Hettich, ...

(Foto: picture alliance / dpa)

Zielgenau hat Parlamentschef Norbert Lammert die Bundesversammlung zum 30. Juni einberufen. Eine gute Wahl: Ende Juni hat der Fußball kurz einmal frei in diesem Sommer. Es ist einer der wenigen Tage, an dem die Weltmeisterschaft in Südafrika pausiert, die Politik aber kurz vor der parlamentarischen Pause mit der Wahl des neuen Bundespräsidenten nochmals auftrumpft. Auch einige Sportler drehen dann womöglich mitentscheidend am Rad der großen Politik.

... IOC_Vizepräsident Thomas Bach ...

... IOC_Vizepräsident Thomas Bach ...

(Foto: picture alliance / dpa)

Traditionell haben die Parteien neben Politprofis auch einige Externe aus allen Bereichen als Wahlleute nominiert. Die sportlichen Promis prägen diesmal das Bild. Ohne den Applaus der Fans auf der Tribüne übernehmen sie in Anzug und Krawatte eine gehörige Portion Verantwortung im Berliner Reichstag. Mit dabei sind Olympia-Sieger Georg Hettich, IOC-Vizepräsident Thomas Bach, Biathlon-Bundestrainer Frank Ullrich und auch "Sommermärchen"-Regisseur Sönke Wortmann. Nominiert als Wahlfrauen sind mit Verena Bentele und Hannelore Brenner auch zwei mehrfache Paralympics-Siegerinnen.

... und die zwölffache Paralympics-Goldmedaillengewinnerin Verena Bentele an der Wahl teil.

... und die zwölffache Paralympics-Goldmedaillengewinnerin Verena Bentele an der Wahl teil.

(Foto: picture alliance / dpa)

Der 31-jährige Hettich aus dem Schwarzwald hat sich mit seinem Triumph in der Nordischen Kombination bei den Olympischen Winterspielen 2006 in Turin einen Namen gemacht, nun wird er von der baden-württembergischen CDU ins Rennen geschickt. Zwei Hochkaräter stellt die Südwest-SPD entgegen - den Präsidenten des Bundesligisten VfB Stuttgart, Erwin Staudt, und die zwölffache Paralympics-Goldmedaillengewinnerin Bentele.

"Wir freuen uns, Frauen und Männer auf dieser Liste zu haben, die die Gesellschaft unseres Landes repräsentieren", sagt der baden-württembergische CDU-Fraktionschef Peter Hauk. Den ranghöchsten Kandidaten aus dem deutschen Sport nominierten die Freien Demokraten. Thomas Bach, Vizepräsident des Internationalen Olympischen Komitees (IOC), soll den christlich-liberalen Präsidentschaftskandidaten mit seiner Stimme unterstützen: Niedersachsens Ministerpräsident Christian Wulff (CDU) gilt als Favorit.

Die SPD entsendet Schauspielerin Nina Petri ...

Die SPD entsendet Schauspielerin Nina Petri ...

(Foto: picture-alliance/ dpa)

Der 56 Jahre alte Sportfunktionär Bach, auch Präsident des Deutschen Olympischen Sportbundes (DOSB), ist Schlips und Kragen gewohnt - im Gegensatz zu Hettich und Co. Je zur Hälfte setzt sich die Bundesversammlung aus Abgeordneten des Bundestags und aus Delegierten der Landtage zusammen. Die Promis werden von den einzelnen Landtagsfraktionen der Parteien nominiert. Wer wie viele aufstellt, bleibt jeder Fraktion überlassen. "Man verspricht sich davon, alle gesellschaftlichen Gruppen einzubinden und auch eine gewisse Aufmerksamkeit für die Wahl", sagt der Berliner Parteienforscher Oskar Niedermayer.

Die Gefahr, dass die parteipolitisch wenig versierten Promis auf Abwege geraten, die Fraktionsdisziplin außer Acht lassen und womöglich den "falschen" Kandidaten wählen, ist freilich immer gegeben. In Baden-Württemberg beweisen die Parteien dennoch großes Vertrauen in die Promis. Von 79 Wahlmännern wurden 25 externe benannt. Einzig die Grünen setzen im "Ländle" ganz auf Politprofis.

... und die Grünen die Bundesbeauftragte für die Stasi-Akten, Marianne Birthler.

... und die Grünen die Bundesbeauftragte für die Stasi-Akten, Marianne Birthler.

(Foto: picture alliance / dpa)

Neben Sportlern und Sportfunktionären stechen am 30. Juni die Schauspieler Walter Sittler ("Nikola"/für die SPD) und Nina Petri ("Lola Rennt"/SPD), Liedermacher Konstantin Wecker (Linke) sowie Unternehmer Hubert Burda (CDU) heraus. Aus dem flächengrößten Bundesland Bayern reist derweil nur ein Nicht-Politiker nach Berlin: SPD und Grüne nominierten gemeinsam den Jazzmusiker Klaus Kreuzeder. Die Berliner Grünen-Fraktion wird nach dpa-Informationen die Bundesbeauftragte für die Stasi-Akten, Marianne Birthler, und die Schauspielerin Nina Hoss in die Bundesversammlung entsenden.

Insgesamt bestimmen 1244 Wahlleute den Nachfolger von Horst Köhler. Der Zweikampf zwischen Wulff und dem von SPD und Grünen nominierten früheren DDR-Bürgerrechtler Joachim Gauck verspricht spannend zu werden - vielleicht auch gerade dank der Promis.

Quelle: ntv.de, Michael Brehme, dpa

Newsletter
Ich möchte gerne Nachrichten und redaktionelle Artikel von der n-tv Nachrichtenfernsehen GmbH per E-Mail erhalten.
Nicht mehr anzeigen