Dossier

"Drei Nazis auf dem Hügel" Rainald Grebe singt

"Es gibt Länder, wo was los ist / Und es gibt Brandenburg" oder "Thüringen / Das Land ohne Prominente" – der Berliner Sänger und Autor Rainald Grebe (35) ist mit solchen Zeilen ein Publikumsliebling der deutschen Kabarettszene geworden. Auch wenn er bei dem Wort vermutlich Ausschlag bekommt: Grebe ist "Kult". Seit zwei Jahren ist er mit seiner Band, der Kapelle der Versöhnung, unterwegs, mit wachsender Fangemeinde. Jetzt soll sogar eine Großfamilie in Mecklenburg-Vorpommern seine Lieder am Lagerfeuer gesungen haben, mit "Gitarre schrammeln und billigem Rotwein", wie Grebe erfreut festgestellt hat. Sein neues Programm nennt er dazu passend "Volksmusik".

Fanpost bekommt er von "depressiven Jugendlichen und älteren Damen", sagt Grebe, der auf der Bühne gern Indianerfedern trägt, mit ironisch gelüpfter Augenbraue. Irgendwo zwischen Liedermacher Reinhard Mey und Satiriker Wiglaf Droste hat der Sänger eine komfortable Nische in der Bühnenlandschaft besetzt. Er selbst sieht sich eher in der Tradition von Punk und Neuer Deutscher Welle oder zwischen Kafka und Monty Python -wenn es denn schon ein Etikett sein muss. Die Jury des Kleinkunstpreises Prix Pantheon urteilte in ihrer Laudatio: "Manchmal erschließt sich erst auf dem Heimweg die Heimtücke seiner Reime."

Für die "Brandenburg"-Hymne, seinen bekanntesten Hit, hat sich Grebe vom Fernsehen in der Berliner U-Bahn inspirieren lassen. Dort kommt das Umland meist nur mit einer Nachricht – Wildunfälle oder Verkehrtote – vor, wie der Musiker erzählt. "Ich wollte eigentlich eine Berlin-Hymne schreiben und habe gemerkt, das kann ich nicht." So entstanden Zeilen wie "Da stehen drei Nazis auf dem Hügel / Und finden keinen zum Verprügeln". Für Grebe sind es "Seelenzustände", die in die Texte einfließen, keine Provokation. Das klingt dann so: "Wenn man Bisamratten im Freibad sieht / Dann ist man im Naturschutzgebiet, Mark Brandenburg". Zugleich macht er sich über den Hauptstadt-Hype lustig ist: "Berliiiin -Alle wollen dahiiiin / Darum will ich das auch".

In den 90er Jahren studierte der Kölner an der Berliner Schauspielschule "Ernst Busch" Puppenspiel. "Alle sagen Du zueinander und kriegen 'ne Zwei", erinnert er sich. Von der Studienzeit sind Zeilen wie "Ich bin ein Wochenendseminar / Und finde statt in ruhiger Lage" inspiriert. Vieles ist von dem angeregt, was Grebe selbst erlebt hat, wie offensichtlich bei den Szenen einer "Fete" um vier Uhr morgens ("Melanie liegt im Krautsalat / Thorsten liegt im Faber"). Auch aus Dialogen mit der Ex-Freundin hat Grebe nicht unbedingt zu deren Freude Originalzitate wie "Wie sehe ich aus? Gefall' ich dir?" musikalisch verwurstet.

Mit Comedian Thomas Hermanns, in dessen "Quatsch Comedy Club" Grebe auch aufgetreten ist, dreht er einen Film über einen Theaterregisseur, der in Coburg "My fair Lady" inszeniert. Eine eigene Fernsehsendung hat er bereits mehrfach abgelehnt, erzählt Grebe. "Ich bin da sehr skeptisch." Wenn seine Lieder auf der Internetbörse Youtube weiter gereicht werden oder sich auf seiner Homepage seitenweise Fans melden, ist ihm das lieber. "Das Schönste ist, dass immer mehr Leute in die Konzerte kommen", findet er.

Sein zweiter Hit, "Thüringen", entstand in Jena, wo er als Dramaturg, Schauspieler und Regisseur arbeitete. In dem Freistaat kann es passieren, dass 300 Leute aufstehen und mitsingen beim Lied über das "Land ohne Prominente": "Naja, gut, es gibt Dagmar Schipanski / Die könnte auch in Sofia Professorin für Hammerwurf sein". Wie Landtagspräsidentin Schipanski auf das Lied reagiert hat, weiß Grebe nicht. "Aber ihre Sekretärin soll sehr gelacht haben."

Von Caroline Bock, dpa

Quelle: ntv.de

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