Der Tutsi-General tanzt Rebellenchef droht Regierung
04.11.2008, 10:03 UhrIn seinem Schlupfwinkel Kichanga im Osten der Demokratischen Republik Kongo gibt sich Rebellenchef Laurent Nkunda betont jovial. Inmitten seiner Kämpfer tanzt der ehemalige General der kongolesischen Armee zu den rhythmischen Klängen einer traditionellen Schlagzeug-Kombo. Im Kampfanzug, die Sonnenbrille über das grüne Barett auf seinem Kopf gestreift, straft der hochgewachsene Tutsi Berichte Lügen, wonach er schwer krank, wenn nicht sogar tot sein soll.
Kichanga liegt etwa 80 Kilometer nördlich von Goma, der Provinzhauptstadt der östlichen Grenzprovinz Nord-Kivu. Die Unwetter der vergangenen Tage haben die Straße zu dem abgelegenen Ort unpassierbar gemacht. Er ist nur in einem mehrstündigen Fußmarsch zu erreichen.
Schwarzer Stock mit Adlerkopf
Auf dem Dorfplatz halten zwei Dutzend "Polizisten" von Nkundas Nationalkongress zur Volksverteidigung (CNDP) Wache. Sie tragen schwarze Barette zu blauen Uniformen. Der "General" schreitet seine Truppen ab, dann lädt Nkunda zur Pressekonferenz in einem wellblechgedeckten Haus. Keinerlei Rangabzeichen zieren seinen Armeedrillich. Einzig ein schwarzer Stock mit einem Adlerkopf als Knauf weist ihn als Chef aus.
Die militärischen Erfolge der Tutsi-Rebellen haben Nkunda gestärkt. Seine Kämpfer drängten die Soldaten von Präsident Joseph Kabila zurück und stehen mittlerweile kurz vor Goma. Jetzt fordert der Rebellenführer die Regierung in Kinshasa auf, direkte Gespräche mit ihm aufzunehmen. Er erwarte eine Antwort, sagt der abtrünnige General. Sollte die Regierung sich weigern, werde er sie "aus dem Amt jagen".
Nkunda bekräftigt, dass seine Milizen die Tutsi-Minderheit im Ostkongo gegen Hutu-Extremisten der Gruppe Demokratischen Kräfte zur Befreiung Ruandas (FDLR) schützen müssten. Von ihnen waren manche 1994 am Völkermord in Ruanda beteiligt, bei dem nach UN-Angaben mehr als 800.000 Menschen - überwiegend Tutsi - getötet wurden. Der UN-Truppe MONUC, die mit 17.000 Soldaten in der Demokratischen Republik Kongo stationiert ist, wirft Nkunda vor, nichts gegen die FDLR zu unternehmen und statt dessen auf seine Kämpfer zu schießen.
Beschuldigungen der Regierung Kabila, er werde von der ruandischen Armee unterstützt, weist Nkunda entschieden zurück. Er bekomme "keinerlei Hilfe aus Ruanda". Ihm gehe es um Sicherheit und die Einführung eines föderalen Systems in seiner Heimat, den Aufbau einer nationalen Armee sowie mehr Transparenz bei der Vergabe von Verträgen zur Ausbeutung von Bodenschätzen.
Gesetzlose Regierung
Derzeit gebe es in der Demokratischen Republik Kongo weder Sicherheit noch ein funktionierendes Sozial- oder Gesundheitssystem, und die Regierung halte sich an keinerlei Gesetz, erklärt Nkunda. Sie unterstütze vielmehr die im Ostkongo aktiven Hutu-Rebellen. Immer mehr bewaffnete Gruppen gebe es mittlerweile im Kongo und die Regierung unternehme nichts dagegen. "Aber das gilt als normal. Und wenn sie sich darüber beschweren, werden sie als Feind angesehen", fügt der Rebellenchef hinzu.
Draußen in Kichanga geht das Leben seinen Gang. Dorfbewohner kommen aus der Sonntagsmesse und bummeln vorbei an Kleidungs- und Schuhgeschäften. Nur die Rebellen mit den Kalaschnikoffs und den Raketenwerfern am Schulterriemen stören das Idyll.
Quelle: ntv.de, Albert Kambale, AFP