Der letzte Zug Regionalbahnen unter Druck
11.10.2007, 10:36 UhrRostige Schienen, verwaiste Bahnhöfe - wenn die Bahn privatisiert wird, könnten einige Strecken im Regionalverkehr stillgelegt werden. Doch die Entscheidung darüber treffen nicht die Bahn-Chefs, sondern Politiker.
Damit ein Regionalzug auf die Reise geht, braucht man erst mal Geld. Denn auf den meisten Regionalstrecken lohnt sich der Betrieb für die Deutsche Bahn nicht. Allein durch die Einnahmen aus Ticketpreisen kann sie ihre Kosten nicht decken. Dafür müssten die Fahrscheine deutlich teurer werden und das würde zu weniger Fahrgästen führen. "Unter Marktbedingungen sind große Teile des Regionalverkehrs nicht rentabel", sagt Hans-Peter Friedrich, Bahnexperte der Unionsfraktion im Bundestag. Daher springt der Bund mit Subventionen ein. Jedes Bundesland kriegt einen festen Betrag und kann damit Strecken ausschreiben.
Wenn es nach den aktuellen Privatisierungsplänen der Deutschen Bahn geht, behält die DB auch die Kontrolle über das Schienennetz. Laut Friedrich könnten dann die Trassenpreise deutlich steigen. Trassenpreise sind Beträge, die Eisenbahn-Unternehmen pro Kilometer an die Deutsche Bahn zahlen müssen. Höhere Trassenpreise können sich die Eisenbahnen nur leisten, wenn sie auch von den Ländern mehr Geld bekommen. Die Länder fordern daher den Bund auf, die Zuschüsse aufzustocken, falls es zu einer Privatisierung der Deutschen Bahn kommt.
Wie viele Züge in einem Bundesland fahren, hängt also hauptsächlich von den Bundeszuschüssen ab. Wo das Geld eingesetzt wird, entscheiden wiederum Gremien in den Ländern und Kommunen. Dadurch ist es schwierig den Verantwortlichen zu finden, wenn eine Strecke geschlossen wird.
Hochprofitables Geschäft
Manche Strecken werden auch geschlossen, weil auf ihnen einfach kein Zug mehr fahren kann. Die Deutsche Bahn ist dafür zuständig, die Schienen in Ordnung zu halten. Theoretisch hätte sie die Möglichkeit, Strecken einfach verkommen zu lassen, wenn sie nicht will, dass Konkurrenten dort eine Bahnlinie aufbauen. Momentan diskutieren Politiker mehrere Entwürfe zur so genannten Leistungs- und Finanzierungsvereinbarung (LuFV), die in dieser Sache Klarheit bringen soll.
Ein Entwurf zur LuFV sieht vor, dass der Bund an die Bahn einen festen Betrag für die Instandhaltung des Netzes zahlt. Mit dem Geld muss die Bahn für funktionierende Schienen sorgen, was vom Eisenbahnbundesamt überwacht werden soll. Schon jetzt unterstützt der Bund die Deutsche Bahn bei der Pflege des Schienennetzes, allerdings nur bei konkreten Modernisierungsvorhaben. Lässt die Bahn eine Strecke einfach liegen, gibt es kein Geld und die Schienen bleiben rostig. Nur wenn private Bahnunternehmen ihre Strecke von der DB pachten oder kaufen, können sie selber für funktionstüchtige Schienen sorgen.
Dass sich die Deutsche Bahn ganz aus dem Regionalverkehr zurück ziehen will, ist laut Karl-Peter Naumann, Bundesvorsitzender des Fahrgastverbandes Pro Bahn unwahrscheinlich. "Die Regional-Sparte ist durch die Bundeszuschüsse für die Bahn hochprofitabel", sagt Naumann. Im Geschäftsbericht der DB lässt sich das nachlesen: Im vergangenen Jahr wurde der Gewinn des Regionalverkehrs deutlich erhöht. Das gilt laut Naumann allerdings nicht für jede einzelne Strecke. Routen mit sehr wenigen Fahrgästen seien besonders bedroht, so Naumann. Vor allem, wenn die Bahn wirklich an die Börse gehe.
Von Malte Buhse
Quelle: ntv.de