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Sachsen-Modell für den Bund? Schwanger mit Staatshilfe

Die künstlichen Befruchtungen sind durch die erforderlichen Zuzahlungen im Osten um die Hälfte, im Westen um 40 Prozent gesunken.

Die künstlichen Befruchtungen sind durch die erforderlichen Zuzahlungen im Osten um die Hälfte, im Westen um 40 Prozent gesunken.

(Foto: picture-alliance/ dpa)

Paare mit unerfülltem Kinderwunsch müssen tief in die Tasche greifen - außer in Sachsen. Der Freistaat will sein Finanzierungsmodell auch im Bund durchsetzen.

Endlich schwanger mit Staatshilfe: Paare mit unerfülltem Kinderwunsch erhalten in Sachsen finanzielle Unterstützung bei künstlichen Befruchtungen. Seit März 2009 wurden auf diese Weise 112 Babys geboren, die ohne Steuergeld nicht auf der Welt wären. Der Freistaat macht sich nun dafür stark, dass die sogenannte assistierte Reproduktion nach diesem Modell in ganz Deutschland unabhängig vom Einkommen und sozialen Status möglich ist.

Sozialministerin Christine Clauß (CDU) strebt die Finanzierung durch den Bund an. Sie will bei der Konferenz der Gleichstellungsbeauftragten in Dresden einen entsprechenden Antrag stellen. Interesse gebe es schon aus Ländern wie Thüringen oder Sachsen-Anhalt, sagt sie.

Der sechs Monate alte Janos aus Reichenberg bei Meißen beweist, dass sich das staatliche Engagement lohnt. "Ohne Förderung hätten wir ihn jetzt noch nicht", sagt Mutter Franziska Witzke. Die 27-Jährige und ihr 31 Jahre alter Mann Heiko sind noch einmal in eine Reproduktionsmedizinische Praxis in Dresden gekommen, um "Danke" zu sagen. Für Ministerin Clauß steht der kleine Blondschopf für den Erfolg des auch gegen Widerstände durchgesetzten "sächsischen Weges", jungen Paaren finanziell bei der Erfüllung des Kinderwunsches zu helfen.

Seit 2004 tragen die Krankenkassen nur noch die Hälfte der Kosten für insgesamt drei künstliche Befruchtungen. Zuvor waren die Kosten für vier Behandlungen komplett übernommen worden. Der Sächsische Landtag hatte daher Ende 2008 beschlossen, Paare finanziell zu unterstützen. Seit 15 Monaten zahlt der Freistaat bei der zweiten und dritten Behandlung eine Pauschale von jeweils bis zu 900 Euro, für die vierte einen Zuschuss von 1600 bis 1800 Euro. Die potenziellen Eltern müssen verheiratet sein und mindestens ein Jahr im Land leben, die Frau darf nicht älter als 40 Jahre, der Mann nicht älter als 50 Jahre sein.

770.000 Euro für 2010

Bisher wurden insgesamt 552 Behandlungen unterstützt, 2009 dafür rund 500.000 Euro ausgegeben, 2010 stehen 770.000 Euro bereit, sagte Clauß. An dem Modell solle trotz des Sparkurses "auf alle Fälle" weiter festgehalten werden. "Bisher wurden 112 Babys geboren, 41 Schwangerschaften bestehen noch", berichtet die Ministerin. Die Zahl der künstlichen Befruchtungen habe um rund 30 Prozent gegenüber 2008 zugenommen.

"Wir werden auch von anderen Bundesländern wie Bayern und Baden-Württemberg beneidet", sagt der Dresdner Reproduktionsmediziner Hans-Jürgen Held. Durch die geforderte Zuzahlung seien die künstlichen Befruchtungen im Osten um die Hälfte, im Westen um 40 Prozent gesunken. "Mit Rückgang der Reproduktion wurden 10.000 Kinder weniger in Deutschland geboren", sagt Held.

Auch die Witzkes mussten eisern für den Nachwuchs sparen. "Wir haben Urlaube und so zurückgefahren", sagt die junge Mutter. Die Kinderkrankenschwester und der Technische Assistent berappten 8000 bis 9000 Euro für mehrere Fehlversuche und teure Medikamente. Nach drei Behandlungen war die Schmerzgrenze erreicht, die emotionale Belastung sehr hoch. "Da erlebt man auch als Paar Höhen und Tiefen." Die Hilfe des Landes habe sie in einem vierten Versuch bestärkt. Nach zweieinhalb schwierigen Jahren wurden sie dann mit der "frohen Botschaft", dass es endlich geklappt hat, belohnt. "Man kann das nicht in Worte fassen, wenn man so einen langen Weg gegangen ist." Janos soll nun auf alle Fälle noch ein Geschwisterchen bekommen.

Quelle: ntv.de, Simona Block, dpa

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