Steinmeiers Pendeldiplomatie Schwierige Mission in Nahost
02.06.2008, 16:34 UhrKreuz und quer gingen die Gesprächsfäden am Montag im Nahen Osten: Früh am Morgen traf Außenminister Frank-Walter Steinmeier (SPD) in Jerusalem den israelischen Verteidigungsminister Ehud Barak, dann in Tel Aviv seine Kollegin Zipi Livni. Anschließend fuhr er zu Palästinenserpräsident Mahmud Abbas nach Ramallah, der wiederum sofort danach ein Treffen mit Israels Ministerpräsident Ehud Olmert in Jerusalem hatte. Olmert und Steinmeier begegneten sich an diesem Tag allerdings nicht. Olmert, der im Zuge einer Korruptionsaffäre um sein politisches Überleben kämpft, wollte Israel am Nachmittag in Richtung USA verlassen.
Das Umfeld, das Steinmeier für seine Mission antraf, hätte schwieriger kaum sein können. Denn die Israelis bewegt derzeit weniger der Friedensprozess mit den Palästinensern als die Affäre Olmert. Seitdem bekannt ist, dass er von einem US-Geschäftsmannn rund 150.000 Dollar in bar annahm, wird die Luft für den Regierungschef von Tag zu Tag dünner. Der Druck kommt vor allem von Barak und Livni. Barak, Chef der Arbeitspartei und Olmerts Koalitionspartner, fordert offen dessen Rücktritt. Und Livni, Nummer zwei in der Regierungspartei Kadima und in der Bevölkerung sehr beliebt, will wiederum Olmert als Parteichef absetzen lassen.
Neue Siedlungsaktivitäten
Neben der ungeklärten Zukunft Olmerts belasten neue israelische Siedlungsaktivitäten die Friedensbemühungen. Die Gespräche seien "in einem schwierigen Status", bemerkte Steinmeier nach seinem Treffen mit Abbas in Ramallah. "Die Zeit wird eng", sagte er mit Blick auf das ehrgeizige Vorhaben, bis November ein Rahmenabkommen für die angestrebte Zwei-Staaten-Lösung zu erreichen. Neben den Raketenangriffen radikaler Palästinenser aus dem Gazastreifen gegen Israel nannte Steinmeier ausdrücklich auch den Siedlungsbau als Gefahr für den Friedensprozess. Und Abbas wurde noch deutlicher: "Falls der Siedlungsbau fortgesetzt wird, wird es nicht möglich sein, eine Friedensregel zu erreichen." Erst am Sonntag hatte Israel eine Ausschreibung zum Bau von 884 Wohnungen im Ostteil Jerusalems veröffentlicht.
Schon seit längerem geht es in den direkten Gesprächen zwischen Israel und den Palästinensern nicht richtig voran. Die Hoffnungen der palästinensischen Seite ruhen daher auf Hilfe von außen, wobei den Europäern die Rolle zukommt, in einer durch die US-Wahlen bedingten Übergangsphase stärker Verantwortung zu übernehmen. "Wir begrüßen jedwede Bemühungen, die von einem mit uns befreundeten Land wie Deutschland unternommen werden", betonte denn auch Abbas.
Vorbereitung der Nahost-Konferenz
Die Konferenz am 24. Juni in Berlin, deren Vorbereitung Steinmeiers Nahostreise auch diente, soll ganz konkrete Verbesserungen für die Palästinenser bringen. Der weitere Aufbau der zivilen Polizei und Hilfe beim Aufbau der Justiz seien ein Beitrag, "der auch den Menschen helfen wird", sagte Steinmeier. Nicht zuletzt seien funktionierende palästinensische Sicherheitsstrukturen "auch im Interesse Israels". Steinmeier nahm die Zusage von Außenministerin Livni zur Teilnahme an der Konferenz mit nach Berlin.
Um ganz konkrete Hilfen für das tägliche Leben der Palästinenser ging es am Nachmittag auch beim Besuch der Stadt Dschenin im Norden des Westjordanlands. Deutschland unterstützt in der ehemaligen Hochburg radikaler Palästinenser den Aufbau eines Industrieparks. Die Initiative "Zukunft für Palästina", die Steinmeier und der palästinensische Ministerpräsident Salam Fajad im Januar auf den Weg gebracht hatten, soll zudem mit Hilfe deutscher Partner kleine Projekte vor Ort schnell umsetzen. Mit der Übergabe deutscher Polizeiautos, der Einweihung einer Berufschule und dem Besuch eines Frauenzentrums bekräftigte Steinmeier das konkrete deutsche Engagement zur Verbesserung des Alltags der Palästinenser.
Von Claudia Haas, AFP
Quelle: ntv.de