Dossier

Der Bundeskrisengewinner Seehofer trumpft auf

Seehofer ist jetzt der erfahrenste Unions-Regierungschef in den Bundesländern.

Seehofer ist jetzt der erfahrenste Unions-Regierungschef in den Bundesländern.

(Foto: dpa)

Der Niedersachse Wulff soll Bundespräsident werden, der Hesse Koch hört auf, der Westfale Rüttgers ist nach seinem Wahldebakel stark angeschlagen. Wer bleibt da noch? Seehofer!

Er ist der letzte verbliebene Platzhirsch unter den Unions-Ministerpräsidenten der großen Länder: Die Bundespräsidenten-Krise hat einen Bundeskrisengewinner, CSU-Chef Horst Seehofer.

Die CSU verdankt ihr wieder wachsendes Gewicht weniger wiedergewonnener eigener Stärke als der derzeitigen Schwäche von CDU und FDP. Die neue christsoziale Kraft ist eine relative - und besteht hauptsächlich im Neinsagen, was gerade beim Thema Gesundheitsreform wieder eindrucksvoll von Seehofer unter Beweis gestellt wurde.

"Mit dem Aufrücken von Christian Wulff ins Amt des Bundespräsidenten gibt es natürlich eine Stärkung der Rolle des bayerischen Ministerpräsidenten", sagt Stefan Müller, der Parlamentarische Geschäftsführer der Berliner CSU-Landesgruppe. "Er ist jetzt der erfahrenste Unions-Regierungschef in den Ländern." Dieser Verantwortung sei sich die CSU bewusst und werde "sorgfältig damit umgehen", so der Erlanger CSU-Politiker.

Seit jeher eine Sonderrolle

Nach Jahren der Schwäche klingt die Partei schon fast wieder nach alten Zeiten: "Wir sind als CSU bereits jetzt schon in der Koalition die treibende Kraft, die es versteht, wirtschaftliche und soziale Interessen einzubringen", sagt Müller. "Mit einer stärkeren Rolle Horst Seehofers im Unionsgefüge wird der Ausgleich dieser Interessen eine noch größere Rolle spielen." Im Krach um einkommensunabhängige Kopfpauschalen für gesetzlich Krankenversicherte mit der FDP drohte die erstarkte CSU bereits versteckt mit einem Platzen des Berliner Bündnisses. Bayerns Gesundheitsminister Markus Söder sprach von "Schicksalstagen der Koalition".

Der bayerische Ministerpräsident hat in der Union seit jeher eine Sonderrolle - weil hinter ihm eine eigene Partei steht. "Das wird jetzt innerhalb der Unions-Familie noch deutlicher zum Zuge kommen", prophezeit ein prominenter CSU-Politiker. Er verweist darauf, dass Seehofer schon seit Monaten eine dominante Rolle spielt: "In der Debatte um die Kopfpauschale hat er den Zug aufgehalten", nennt er ein Beispiel.

Zu wenig Konstruktives

Im Konzert der Unions-Ministerpräsidenten werden Hessen und Niedersachsen nun bald von den beiden Neulingen Volker Bouffier und David McAllister vertreten sein, denen Seehofer an Erfahrung weit voraus ist. Doch heißt das keineswegs, dass der CSU-Chef die Länderbühne nun quasi für sich allein hätte. Vor allem gibt es da den Baden-Württemberger Stefan Mappus - auch ein Neuling, aber ein starker.

Nach einer verbreiteten Einschätzung verhinderte der Baden-Württemberger die Kür der Arbeitsministerin Ursula von der Leyen zur Bundespräsidenten-Kandidatin. Demnach half Mappus tatkräftig, Wulffs Ambitionen zu unterstützen. Das dementieren zwar Berliner Kanzleramtskreise ebenso wie Mappus selbst, doch wird diesen Dementis wenig Glauben geschenkt. "Nun scheint es so zu sein, dass in der CDU nicht mehr nach der Pfeife der Bundeskanzlerin getanzt, sondern nach dem Wulff geheult wird", scherzt ein CSU-Mann.

Mit Wulffs Nominierung profitiert Seehofer von einer Krise, die er nicht verursachte. Doch Freude - oder gar Schadenfreude - kommt bei der CSU nicht auf. Denn auch die CSU leidet unter dem Niedergang der Union insgesamt. "Die CSU ist im Bund stark im Nein", sagt ein CSU-Politiker selbstkritisch. Es gebe aber zu wenig Konstruktives.

Quelle: ntv.de, Carsten Hoefer, dpa

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