Die Tapas-Präsidentschaft Spanien muss EU-Ratsvorsitz teilen
23.12.2009, 15:46 Uhr
Van Rompuy und Zapatero: Das Duo führt Europa ab dem ersten Januar.
(Foto: picture alliance / dpa)
Tapas, Calamares und iberischer Schinken: Mit Abbildungen appetitlicher Snacks wirbt Spanien in einer Hochglanz-Broschüre für seinen EU-Ratsvorsitz, der am 1. Januar beginnt. Die Bilder sind doppeldeutig. Denn Spanien ist das erste EU-Land, das sich mit einer Häppchen-Präsidentschaft begnügen muss.
Die Regierung in Madrid übernimmt mit dem Jahreswechsel zum vierten Mal seit dem EU-Beitritt 1986 die Ratspräsidentschaft, die alle sechs Monate unter den Mitgliedsländern wechselt. Dabei muss Ministerpräsident José Luis Rodríguez Zapatero als erster europäischer Regierungschef hinter den neuen ständigen Ratspräsidenten Herman Van Rompuy zurücktreten.
Grund ist der seit dem 1. Dezember geltende Lissabon-Vertrag. Danach leitet künftig der ständige Ratspräsident die Brüsseler EU-Gipfel und nicht mehr der Ministerpräsident des Landes mit der rotierenden Präsidentschaft. Berichte über eine Rivalität zwischen Zapatero und Van Rompuy wischt der spanische Außenminister Miguel Angel Moratinos jedoch beiseite. Sein Land werde die Arbeit des bisherigen belgischen Ministerpräsidenten Van Rompuy "mit Bescheidenheit und Diskretion" unterstützen, betont er.
Kein charismatisches Führungsduo
Ein charismatisches Führungsduo haben die 500 Millionen Europäer damit nicht. Während Van Rompuy vor allem durch seine Vorliebe zu japanischen Kurzgedichten (Haikus) von sich reden macht, wird Zapatero den Ruf eines "Sosoman" nicht los - eine böse Anspielung auf Superman, denn "soso" heißt langweilig.
Auch mit EU-Außenministerin Ashton muss sich Spaniens Regierung abstimmen.
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Ein bisschen Glanz beansprucht Zapatero für seine Präsidentschaft dann aber doch. Er setzte durch, dass Spanien ein letztes Mal die Gipfel mit Drittländern im eigenen Land veranstalten kann. Dies bringt dem sozialistischen Regierungschef unter anderem einen prestigeträchtigen Auftritt mit US-Präsident Barack Obama im Mai in Madrid. Spanien werde noch "ins Guinness-Buch der Gipfel" eingehen, schwärmt Europa-Staatssekretär Diego López-Garrido sogar mit unverhüllt iberischem Stolz. Neben den zwei regulären EU-Gipfeln in Brüssel sind bisher acht Spitzentreffen geplant, unter anderem mit den Ländern Lateinamerikas, Russland und Marokko.
International unerfahren
Die Stärkung der Rolle Europas in der Welt ist eine von vier Prioritäten des spanischen Ratsvorsitzes. Hierbei muss sich die Regierung in Madrid eng mit der neuen EU-Außenministerin abstimmen, der britischen Baronin Catherine Ashton. Der spanische Ressortchef Moratinos hat sich ausbedungen, zumindest das informelle EU-Außenministertreffen in Cordoba Anfang März gemeinsam mit Ashton zu leiten. Immerhin ist die neue Top-Diplomatin auf internationalem Parkett weitgehend unerfahren, ganz im Gegensatz zu ihrem Vorgänger, dem Spanier Javier Solana.
Auch die Umsetzung des Lissabon-Vertrags als zweite Priorität betrifft maßgeblich die Außenpolitik. Bis April soll der Europäische Auswärtige Dienst (EAD) stehen. Den neuen Dienst mit bis zu 8000 Diplomaten aus Brüssel und den 27 Mitgliedsländern soll Ashton leiten.
Drittes Top-Thema der Spanier ist der Weg aus der Finanzkrise. Hier hat Van Rompuy die Initiative ergriffen und für Anfang Februar einen EU-Sondergipfel anberaumt. Der Belgier habe eben "den Stier bei den Hörnern gepackt", sagt Moratinos.
Die vierte spanische Priorität ist inzwischen Mantra aller Ratspräsidentschaften: Mehr Bürgernähe, lautet die Parole seit den gescheiterten Verfassungsreferenden in Frankreich und den Niederlanden 2005. Der Lissabon-Vertrag sieht dafür das neue Instrument einer Bürgerpetition vor. Mit mindestens einer Million Unterschriften sollen Bürgergruppen künftig EU-Gesetze anregen können. Die genaue Umsetzung muss noch ausgearbeitet werden. Spätestens unter den folgenden Ratspräsidentschaften Belgiens und Ungarns dürften Bürger dann von ihren Rechten profitieren.
Quelle: ntv.de, Stephanie Lob, AFP