Horst Seehofer Sprung ins Stahlbad
19.09.2007, 15:51 UhrHorst Seehofer ist anzusehen, dass die vergangenen Monate hart für ihn waren. Der Kampf um den CSU-Vorsitz, die Berichte über sein Privatleben, die Entscheidung zwischen Frau und Freundin, die Geburt der Tochter - durch ein "Stahlbad" sei er gegangen, hat der 58-Jährige kürzlich erklärt.
Angegriffen wirkt er, bisweilen auch bitter. Einen Rückzug schließt Seehofer dennoch aus: "Man kann scheitern in der Politik, aber kapitulieren darf man nicht."
Sollte Seehofer den Kampf um den CSU-Vorsitz verlieren, will er nicht nur Landwirtschafts- und Verbraucherschutzminister in Berlin bleiben, sondern auch wieder als stellvertretender Parteivorsitzender kandidieren.
Das hat er immer wieder versichert. "Ich nehme jedes Ergebnis hin", scherzte er kürzlich im kleinen Kreis, "auch die Stimme, die aus Barmherzigkeit abgegeben wird." Wenn er verliere, werde das sein Lebensglück nicht beeinträchtigen. Bei einer Niederlage habe man sich wieder einzugliedern und mitzuarbeiten.
Das "mediale Trommelfeuer" hat tiefe Wunden gerissen
In der CSU wird diese Ankündigung mit Erleichterung, aber auch mit Zweifel aufgenommen. Mit großer Schärfe zieht Seehofer seit Wochen gegen Teile der Medien und der Politik zu Felde, die mit einem "medialen Trommelfeuer" versucht hätten, sein Privatleben gegen ihn zu instrumentalisieren. Da werden Verletzungen sichtbar, die noch längst nicht verheilt sind.
Fest steht, dass sich Seehofers Chancen auf den Parteivorsitz in den vergangenen Wochen nicht verbessert haben - zumal die geplante Kandidatur der Fürther Landrätin Gabriele Pauli vor allem auf seine Kosten gehen dürfte. Ein erheblicher Teil der Stimmen, die Pauli in Umfragen bekomme, dürfte wohl "aus meinem Fleisch" kommen, schätzt er.
Doch Seehofer ist ein Kämpfer, der schon viele Höhe und Tiefen durchlebt hat. Als Wendepunkt beschreibt der einstige Gesundheitsminister seine Herzmuskelentzündung, die ihn 2002 fast das Leben gekostet hätte. Politisch schien er 2004 am Ende, als er wegen des Streits über die Kopfpauschale kurzerhand seinen Posten als stellvertretender Unionsfraktionschef hinwarf.
Seine Treue zu Stoiber zahlte sich nicht aus
Doch Parteichef Edmund Stoiber holte ihn zurück, schickte Seehofer im Herbst 2005 ins Bundeskabinett. Folgerichtig war es Seehofer, der Stoiber in dessen politischem Überlebenskampf bis zuletzt stützte. Von der Absprache zwischen Günther Beckstein und Erwin Huber, das Erbe Stoibers unter sich aufzuteilen, wurde Seehofer ebenso kalt erwischt wie der Ministerpräsident und Parteivorsitzende.
Mitten in den Machtkampf platzte die Enthüllung, dass der dreifache Familienvater seit Jahren schon eine Freundin in Berlin hatte. Seehofer kündigte an, sein Privatleben rasch zu ordnen. Doch es folgten lange Monate der Ungewissheit, bis sich der 58-Jährige im Juli, drei Wochen nach der Geburt der gemeinsamen Tochter, von der jungen Frau trennte und ein Bekenntnis zur Familie abgab.
Dass Stoiber auf Seehofer als Nachfolger setzt, gilt als offenes Geheimnis. Damit ist er ziemlich allein unter den Parteigranden in München, die Seehofers Eigensinn wenig schätzen. An der Basis ist er dagegen beliebt. Auf Parteitagen hat er regelmäßig Spitzenergebnisse erzielt; bei der Bundestagswahl holte er in seinem Wahlkreis Ingolstadt so viele Erststimmen wie kein anderer in Deutschland.
Sollte Seehofer bei der Wahl des Parteivorsitzenden scheitern und dann als Vize-CSU-Chef kandidieren, könne er mit einem Ergebnis von "120 Prozent" rechnen, ist aus der Berliner CSU-Landesgruppe zu hören. Damit hätte er weiterhin eine herausgehobene Stellung. Dies sei auch wichtig: Schließlich, so heißt es, könne die CSU auf einen so profilierten Bundespolitiker nicht verzichten.
Quelle: ntv.de