Kandidatenbesuch in Moskau Steinmeier trifft Medwedew
10.06.2009, 14:54 UhrDer Termin ist für jeden deutschen Kanzlerkandidaten ein Muss. Alle vier Jahre, wenige Wochen vor der Bundestagswahl, ist Deutschlands nächster Möchtegern-Regierungschef in Moskau zu Besuch. Passenderweise ist der Kandidat diesmal auch noch Außenminister: Für Frank-Walter Steinmeier stand ohnehin mal wieder ein Treffen mit den Russen an.

Außenminister Frank-Walter Steinmeier bekam bezüglich der Gesprächspartner das Kanzlerprogramm: Er traf Medwedew, Putin ...
(Foto: AP)
Der Termin ist für jeden deutschen Kanzlerkandidaten ein Muss. Alle vier Jahre, wenige Wochen vor der Bundestagswahl, ist Deutschlands nächster Möchtegern-Regierungschef in Moskau zu Besuch. Zuletzt war Angela Merkel als Oppositionsführerin im Kreml zu Gast, davor Edmund Stoiber und Gerhard Schröder und irgendwann vor langer Zeit sogar schon Oskar Lafontaine. Am Mittwoch war es nun wieder soweit. Passenderweise ist der Kandidat diesmal auch noch Außenminister: Für Frank-Walter Steinmeier stand ohnehin mal wieder ein Treffen mit den Russen an.
Bezüglich der Gesprächspartner bekam der SPD-Bewerber das Kanzlerprogramm: Eine Rede vor der russischen Akademie der Wissenschaften, ein Treffen mit Präsident Dmitri Medwedew und schließlich noch eine Begegnung mit dem ehemaligen Kreml-Chef und jetzigen Ministerpräsidenten Wladimir Putin. Dazwischen ein Redaktionsbesuch bei der regierungskritischen Zeitung "Nowaja Gaseta", bei dem auch noch Ex-Sowjetpräsident Michail Gorbatschow zugegen war.
So viele amtierende und ehemalige Kreml-Chefs gibt es nur selten am Stück. Aber trotzdem gab es wohl schon Kandidaten, die optimistischer nach Moskau kamen als Steinmeier. Der Vizekanzler machte auch gar kein Geheimnis daraus, dass ihm das SPD-Debakel bei der Europawahl am vergangenen Sonntag weiterhin zu schaffen macht. "Das schüttelt man nicht innerhalb von 24 Stunden aus den Kleidern."
Deutsche Innenpolitik von Interesse
Neben den internationalen Standardthemen - Wirtschaftskrise, Rüstungskontrolle, Nahost-Konflikt - ging es dann auch in den Gesprächen mit den Russen gleich um die deutsche Innenpolitik. Medwedew verlangte noch vor laufenden Kameras Auskunft aus erster Hand. "Für uns ist das eine nicht uninteressante Angelegenheit: Sie haben ja gerade Hochsaison in der deutschen Politik." Die Antwort bekam der Kreml-Chef allerdings erst, als die Türen im Kaminzimmer wieder geschlossen waren.

Steinmeier ermunterte Russland dazu, beim "neuen Aufbruch" in der Sicherheitspolitik dabei zu sein.
(Foto: dpa)
Eine gute Stunde lang nahm sich Medwedew Zeit für den "lieben Frank", den er von mehreren früheren Begegnungen kennt. Im Unterschied zu den sonstigen Kandidatenterminen fand das Treffen nicht im Kreml statt, sondern im präsidialen Gästehaus Schloss Meiendorf, draußen im Grünen, vor den Toren der Stadt. Die Residenz im Stil einer mittelalterlichen Ritterburg hat ihren Namen vom baltischen Baron P.K. Meiendorf, der hier im vorvorigen Jahrhundert sein Zuhause hatte.
Werbung für Absrüstungsanstrengungen
Ansonsten nahm Steinmeier den eintägigen Kurzbesuch zum Anlass, nochmals für neue Anstrengungen bei konventioneller und nuklearer Abrüstung zu werben. In seiner Rede vor der Akademie ermunterte er Russland, beim "neuen Aufbruch" in der Sicherheitspolitik dabei zu sein. Im Auswärtigen Amt gibt es die Sorge, dass sich die Russen zu lange Zeit lassen, um auf die Angebote von US-Präsident Barack Obama für eine engere Zusammenarbeit zu reagieren.
"Die ausgestreckte Hand des amerikanischen Präsidenten sollte mutig ergriffen werden", mahnte Steinmeier. "Zögern oder taktisches Feilschen kann das Fenster der Gelegenheiten schnell wieder schließen." Eine Antwort könnte Obama Anfang Juli bekommen. Dann wird er - noch vor dem diesjährigen Gipfel der sieben führenden Industrienationen und Russlands (G8) in Italien - zum ersten Zweier- Gipfel mit Medwedew in Moskau erwartet.
Trotz Wirtschafts- und Finanzkrise könne 2009 auch als "Jahr des Aufbruchs" in die künftigen Geschichtsbücher eingehen, so Steinmeier. Und nannte gleich auch noch einige der Kapitel-Überschriften, die er später dort gern sehen würde. "Durchbruch bei der Abrüstung" zum Beispiel oder "Neues Vertrauen zwischen Ost und West". Davon, dass er selbst in diesem Herbst als vierter SPD-Bundeskanzler in die Geschichtsbücher eingehen könnte, sprach er in diesem Zusammenhang nicht.
Quelle: ntv.de, Christoph Sator, dpa