Dossier

Drache gegen Sternenbanner USA gegen China machtlos

Sollte die weltpolitische Bedeutung des Pekinger Olympia-Spektakels in ein Bild gefasst werden, wäre es wohl dieses: Der chinesische Drache speit auftrumpfend Feuer, während das Sternenbanner müde am Fahnenmast hängt. Im Zeichen der olympischen Ringe untermauert die Volksrepublik ihren Machtanspruch in der Welt und schürt damit die Rivalität mit den USA, die sich ihren Status als einzige Supermacht nicht streitig machen lassen wollen. Auf der Weltbühne kommen sich beide ständig in die Quere: beim Handel, den Menschenrechten, dem Umgang mit US-Erzfeinden wie Iran und Sudan. Mit großem Argwohn verfolgen die USA den Aufstieg Chinas zur Supermacht.

Nach Jahrhunderten der Isolation hat sich China auf den Weg gemacht, in einem langen Marsch die Weltspitze zu erreichen. "Binnen eines Jahrzehnts wird China der einzige Konkurrent Amerikas um weltweiten militärischen und strategischen Einfluss sein", prophezeit der China-Experte und frühere US-Spitzendiplomat John Tkacik von der Washingtoner Denkfabrik Heritage. Wirtschaftlich habe China die USA längst in die Abhängigkeit getrieben, nun wolle China durch massive Aufrüstung auch militärisch gleichziehen. Der Eroberungszug der Volksrepublik in den USA hat tatsächlich längst begonnen - mit Dollar-Scheinen als Waffe.

Überholt, nicht eingeholt

Der Machtverlust der USA lässt sich in Zahlen messen. Sollte das Wachstum anhalten, wird China in 20 bis 30 Jahren die USA als größte Volkswirtschaft der Welt ablösen. Schon heute sind seine Devisenreserven, nach Pekinger Angaben 1,5 Billionen Dollar, die größten der Welt. China überflutet den US-Markt mit billigen Waren, hält dadurch die Preise für die Verbraucher niedrig - und erwirtschaftet einen riesigen Handelsüberschuss. 2007 waren es 256 Milliarden Dollar. Hunderte Milliarden dieser Gewinne fließen in Form von Krediten in die defizitären USA zurück, wo China inzwischen zweitgrößter Gläubiger ist.

Wenn US-Präsident George W. Bush am Donnerstag in Peking landet, wird er ein Land erleben, das die USA in mancherlei Hinsicht bereits übertrumpft hat. China hat die größere Industrieproduktion, es hat inzwischen mehr Internet-Nutzer, und es hat die USA als weltgrößter Verursacher der klimaschädlichen Treibhausgase abgelöst - auch das ein Beleg für Chinas rasante Entwicklung. "Der Aufstieg Chinas im 21. Jahrhundert könnte eine der größten Transformationen der modernen Geschichte werden und den Aufstieg der Vereinigten Staaten im 20. Jahrhundert in den Schatten stellen", urteilt eine aktuelle China-Studie des Washingtoner Zentrums für Strategische und Internationale Studien (CSIS).

"Die Bedrohung wird zunehmen"

Dass es China mit seinem Griff zur Supermacht ernst meinen könnte, lesen die USA aus seiner ambitionierten Rüstungspolitik heraus. Chinas Verteidigungshaushalt 2007 wird auf gewaltige 449 Milliarden Dollar geschätzt. China modernisiert seine Armee, baut eine neue U-Boot-Flotte und schießt Raketen ins All. "Die Chinesen bauen meiner Einschätzung nach ihr Militär aus, um ein gewisses Level der Ebenbürtigkeit mit den USA zu erreichen", sagte Admiral Michael McConnell, Chefkoordinator der US-Geheimdienste, vor dem US-Senat. "Sie sind heute eine Bedrohung, und die Bedrohung wird mit der Zeit zunehmen."

Noch konzentriere sich China auf die Erschließung neuer Märkte, urteilen die meisten Washingtoner Experten. Als Wirtschaftsmacht könnte sich China später aber zur politisch-militärischen Herausforderung aufbauen. Eine schlüssige Antwort auf die Herausforderung durch China hat die US-Regierung bislang nicht gefunden. Bush steuert einen Zickzack-Kurs der beidseitigen Besänftigung: Die zahlreichen China-Kritiker bei seinen konservativen Republikanern versucht er durch regelmäßige Kritik an Chinas Menschenrechtslage zufriedenzustellen, den Chinesen kommt er ungeachtet dieser Kritik mit seinem öffentlichkeitswirksamen Besuch im Olympiastadion entgegen.

Peter Wütherich, AFP

Quelle: ntv.de

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