Dossier

Startschuss im Saarland Wahlkampf wird derb

Für Peter Müller könnte es eng werden. Gerade sechs Monate vor der Landtagswahl im Saarland scheint die absolute Mehrheit für den seit 1999 regierenden Ministerpräsidenten und CDU-Landeschef kaum zu verteidigen. Entsprechend aufgeräumt und optimistisch gibt sich SPD-Spitzenkandidat Heiko Maas, der sich trotz schwacher Umfragewerte Hoffnungen machen kann, am 30. August das Duell gegen Müller im zweiten Anlauf für sich zu entscheiden.

Doch sicher ist an der Saar gar nichts. Verantwortlich dafür ist ein alter Bekannter: Linksparteichef Oskar Lafontaine. Der ehemalige SPD-Bundesvorsitzende und frühere saarländische Regierungschef will zurück in die Staatskanzlei und hat bereits mit seiner Kandidatur das politische Koordinatensystem in seiner Heimat gehörig durcheinandergewirbelt.

SPD gibt sich optimistisch

Die Sozialdemokraten strotzen vor Optimismus, feiern sich und ihren modernen Wahlkampf. Internetbotschaften, Blogs, ein eigener Videokanal - manche nennen Maas gar "Obamaas". Der Slogan der Partei feiert ihn als "Neuen Mann". Im Stil von US-Präsident Barack Obama tourt der 42 Jahre alte Jurist durchs Land und steht in Sälen unter dem Motto "Ein Abend mit Heiko Maas" Gästen Rede und Antwort. Doch die Zuversicht, das neue Image und das junge Outfit können nicht darüber hinweg täuschen, dass Lafontaine und die Schwäche der SPD auch im Bund hohe Hürden auf dem Weg zur Macht sind.

Aktuelle Umfragen gibt es für das Saarland nicht, doch die letzten Zahlen verheißen ein spannendes Rennen und der SPD einen herben Schlag. Im Herbst, noch vor vielen wirtschaftlichen Hiobsbotschaften, hätten gerade einmal 25 Prozent der Saarländer die SPD gewählt, 38 Prozent die CDU und 23 Prozent die Linke. FDP und Grüne müssten bei 6 und 5 Prozent um den Wiedereinzug bangen. Und so ist das erste rot-rote Bündnis in einem westlichen Bundesland eine Option - trotz schwacher SPD und wegen der starken Linken. Maas selbst redet nicht gerne über Koalitionen und will sich alle Möglichkeiten offenhalten, inklusive einer großen Koalition. Nur eins werde es auf keinen Fall geben: Die SPD wähle Lafontaine niemals zum Ministerpräsidenten. Für Lafontaine ein Affront, er sieht die SPD in der "Ypsilanti-Falle".

Union mit FDP keine Mehrheit

Für Maas sagt die Umfrage noch etwas anderes aus. Sie beweise, dass die Union selbst mit der FDP keine Mehrheit habe - im Gegensatz zum rot-rot-grünen Lager, das nun schon bei mehreren Befragungen in Folge über die 50 Prozent komme. Zudem seien 62 Prozent der Saarländer für einen Wechsel, analysiert Maas die Herbst-Zahlen. Allerdings sagt die Umfrage auch, dass 63 Prozent eine rot-rote Koalition nicht gut fänden und nur 19 Prozent Maas direkt zum Regierungschef wählen würden.

Müller gründet seine Hoffnung bisher vor allem auf seine Bilanz und auch Maas räumt bei aller Kritik ein, dass die wirtschaftlichen Daten "ganz gut" seien. 2008 war das Land bundesweit Spitzenreiter beim Wirtschaftswachstum, die Arbeitslosenzahlen auf einem Tiefstand. Müller schreibt das auch seiner Politik zu, Maas der Weltwirtschaft.

Finanzkrise bedroht Müllers Strategie

Doch nun bedroht die weltweite Krise nicht nur die Industrie an der Saar und tausende Arbeitsplätze, sondern auch Müllers Strategie, seine Erfolge zu betonen und den "Roten" vorzuwerfen, sie hätten nach 1999 nur Schutt hinterlassen. Verstärkt setzt Müller auf seine Erfahrungen als Krisenmanager - und auf die Zuspitzung des Wahlkampfes.

Dabei reagiert er auch mal dünnhäutig auf Kritik. Kürzlich beklagte er "Heulsusen-Mentalität" in seinem Land. Alles werde schlechtgeredet. "Nirgendwo ist es so voran gegangen wie bei uns; und alle weinen. Wo sind wir denn", blaffte er.

Lafontaine konterte am politischen Aschermittwoch: "Der hat sie doch nicht mehr alle." In tiefstem Saarländisch rief er seinen Anhängern zu, die Menschen an der Saar hätten Tränen in den Augen, weil sie Müller beim Regieren zuschauen müssten. Eines zumindest ist sicher: Der Wahlkampf wird derb und hart, die Bühne steht bereit, der Vorhang ist offen.

Sebastian Raabe, dpa


Quelle: ntv.de

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